Fluglärm ist politische Brutalität

Der Flughafen Tegel ist eine Zumutung

VON WALTRAUD SCHWAB

Wer am Kurt-Schumacher-Platz nach oben schaut, wenn ein Flugzeug über die Dächer donnert, ist zum ersten Mal da. Und wer sich duckt, spürt zum ersten Mal, wie brutal Fluglärm trifft. Wer aber weiterläuft, stoisch und stumpf, wohnt schon lange hier – in Reinickendorf, am Rand des Flughafens Tegel. Bei diesen Leuten müsste sich Wowereit entschuldigen. Entschuldigung stand aber noch nie auf seiner Agenda.

Eitelkeit und Größenwahn

Das Desaster um den unfertigen Flughafen in Schönefeld und den längeren Betrieb von Tegel kostet Unsummen. Von bis zu einer halben Milliarde ist die Rede. Öffentliche Gelder, mit denen außer der Verkehrsinfrastruktur auch das ökonomisch und ökologisch fragwürdige Gebaren von Billig-Airlines gefördert wird. Geld, das für Planungsfehler, politische Eitelkeiten und Größenwahn ausgegeben wird in einer Stadt, in der die Schulen das Klopapier rationieren müssen.

Und es kostet Nerven, den Flughafen Tegel offen zu halten: die Nerven der anderen. Bis zu 380.000 BerlinerInnen sind schwer vom Tegeler Fluglärm betroffen. Trotzdem wurde sukzessive die Zahl der Starts und Landungen erhöht – und soll nun weiter erhöht werden.

Bekannt ist, dass Fluglärm dumm und krank macht. In Reinickendorf und Spandau sind Gegenden in den Einflugschneisen extrem verslumt. Wer kann, zieht weg. Medizinisch und juristisch ist klar: So ein Flughafen darf nicht mitten in der Stadt sein. Trotzdem gibt es ihn immer weiter. Und die Airlines fordern dreist nun auch Nachtflüge. Sie können es fordern, denn die Menschen rund um Tegel sind abgestumpft vom jahrzehntelangen Lärm. Wowereit weiß das. Und pokert damit.