Streitfall Krachmacherstraße

Laut mag es niemand, aber gegen laut macht auch kaum jemand was. Die Begründung der Behörde: Für konkreten Lärmschutz sei es noch zu früh. Jetzt wollen Bürger selbst per Volksbegehren dem Verkehr Einhalt gebieten

Es dröhnt und rumpelt und rauscht und quietscht – und ein Ende ist nicht absehbar. Lärm, das ist längst erwiesen, erzeugt Stress, erhöht das Risiko von Herz- und Kreislauferkrankungen. Und der Verkehr, auch das ist unstrittig, ist einer der Hauptkrachmacher. Der Bremer Senat aber, so der Vorwurf der Grünen, sitze die Lärmproblematik schlicht aus: ein „fahrlässiger Umgang mit der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger“.

Dabei lasse sich mit Tempo 100 auf den Bremer Autobahnen, einer effektiven Geschwindigkeitsüberwachung, einem Nachtfahrverbot für Lkw in Wohngebieten, so genanntem Flüsterasphalt und mit Rasentrassen für Straßenbahnen die Lärmbelastung sehr wohl deutlich reduzieren, sagte die umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, Karin Mathes. Der Senat könne darüber hinaus Firmen dazu anhalten, ihren Lieferverkehr über wenig befahrene Straßen abzuwickeln.

Das Umweltressort wies die Vorwürfe der Grünen zurück. Man sei, was Lärmschutz angehe, nicht im Verzug, sondern vielmehr „auf dem richtigen Weg“, sagte Ressortsprecher Kai Jürgens. So habe das Amt für Straßen und Verkehr inzwischen belastbare Verkehrszahlen für die einzelnen Straßen vorgelegt, demnächst würden Privatfirmen mit Lärmmessungen beauftragt. Das von der EU geforderte Lärmkataster werde man fristgerecht 2007 vorlegen können. Weil sich Bund und Länder aber noch nicht auf konkrete Grenzwerte geeinigt hätten und auch die EU bislang keine benannt habe, sei es für konkrete Lärmminderungsmaßnahmen noch zu früh, sagte Jürgens: „Wir werden etwas unternehmen müssen, aber wir wissen nicht in welchem Rahmen.“

Mathes lässt das nicht gelten. Insbesondere an viel belasteten Straßen wie der Schwachhauser Heerstraße, der Neuenlander Straße und der Friedrich-Ebert-Straße gebe es akuten Handlungsbedarf. So habe sie selbst an der Schwachhauser Heerstraße unlängst Lautstärken von bis zu 84 Dezibel gemessen. Der Grenzwert, ab dem Lärmminderungsmaßnahmen nötig sind, soll tagsüber künftig bei 65 Dezibel liegen – einem Viertel davon. Der Senat werde also nicht umhinkommen, den Verkehr an dieser Stelle zu reduzieren, schlussfolgerte Mathes. In einer solchen Situation noch Geld für zusätzliche Fahrstreifen auszugeben, komme einem „Schildbürgerstreich“ gleich.

Ein ähnliches Meisterbeispiel einer Fehlplanung machten die Grünen beim Neubaugebiet Brokhuchting aus. Die ersten Häuser dort sollten so dicht an der Bahnstrecke Bremen-Oldenburg liegen, dass sie – trotz dazwischen liegendem Lärmschutzwall – noch zusätzlich mit Lärmschutzfenstern und Lüftungsanlagen ausgestattet werden müssten, kritisierte Mathes.

Wie sich mit einfachen Maßnahmen die Lärmbelastung der Anwohner wirksam reduzieren lässt, hat der Senat selbst an der Kurfürstenallee vorgeführt. Dort sorgen seit einigen Monaten stadteinwärts Radarfallen dafür, dass das Tempolimit von 50 Stundenkilometern tatsächlich eingehalten wird. Der Beirat Schwachhausen hat sich schon im April einstimmig dafür ausgesprochen, die Kontrollen auch auf die stadtauswärtige Fahrspur auszudehnen. Das Umwelt- und Verkehrsressort hat darauf bis heute noch nicht reagiert.

       Armin Simon