berliner szenen
: Eine toxische Beziehung

Nachts im Grunewald. Vor einem geparkten Auto stehen ein Mann und eine Frau. Er sagt: „Ich wollte ja noch erzählen, was eigentlich los ist.“ Und nach einer längeren Stille: „Nachdem wir uns geküsst haben, habe ich eine andere kennengelernt.“

Die Frau starrt ihn entgeistert an und meint dann trocken: „Du hast mich geküsst.“ Der Mann erklärt gedehnt: „Du weißt, was ich meine.“ Und dann zögerlich: „An dem Tag jedenfalls war ich dir sehr zugetan. Und dann …“

Sie ruft wütend: „Und dann habe ich mich verliebt und für dich getrennt und du hast das Interesse verloren und mir, statt es mich wissen zu lassen, gemischte Signale gesendet.“ Sie entfernen sich von dem Auto.

Nach wenigen Minuten stehen sie wieder davor. Er meint: „Vielleicht hast du recht. Vielleicht hätte ich dir davon erzählen sollen.“ Und nach einer kurzen Pause fügt er an: „Ich wusste nicht, wie.“ Sie ruft erregt: „Natürlich hättest du mir das mitteilen sollen! Du hast mich warmgehalten!“

Er stammelt: „Du bist enttäuscht. Aber ich habe dich nicht warmgehalten. Ich kann seit Monaten keinen klaren Gedanken fassen. Die Beziehung ist toxisch.“

Die Frau erklärt kühl: „Hättest du einfach gesagt, dass du dich in eine andere verliebt hast, wäre das doch in Ordnung gewesen. So etwas passiert. Aber mir Monate später zu erzählen, dass du das Interesse verloren hast, weil du in der Zwischenzeit eine toxische Beziehung eingegangen bist, und auf Verständnis zu hoffen, dass du mich deswegen toxisch behandelt hast, ist …“

Er haucht: „Es ist ja nicht so, dass ich das Interesse verloren habe. Ich mag dich. Ich mag dich wirklich. Wir können doch Freunde sein.“

Er macht einen Schritt auf sie zu. Dabei schnellt ihm ein Ast ins Gesicht. Er stöhnt. Die Frau lächelt: „Geschieht dir recht!“ Eva-Lena Lörzer