: Gärendes Klischee
Objektive Wahrnehmung fehlt immer noch: Am Freitag startet im Goldbekhaus das Kulturfest Gipsy Vision
Ein Wochenende lang wird Winterhude das Zentrum der Swing-Musik sein: Vom 24. bis zum 26. Juni findet im Goldbekhaus das Kulturfest Gipsy Vision statt, das vier Konzerte, einem Tanzabend und weitere Veranstaltungen bietet. Das Motto des Festes auf Romanes: „Mer war ketni“ – wir kommen zusammen. Romanes wird von Roma und Sinti in vielen Ländern gesprochen.
Die Idee für das Kulturfest hatte Wolkly Rosenberg, der vor 30 Jahren mit seinem Bruder Tornado Rosenberg die Formation Swing Gipsy Rose gründete. Die Bands des Swing-Jazz spielen mit drei Gitarren, Violine und Kontrabaß. Gesang gibt es dabei kaum.
Neben Haens‘che Weiss und der Swing Gipsy Rose stehen bei den beiden anderen Konzerten Geigenspieler im Mittelpunkt: Der Geiger Wedeli Köhler und die Kapelle Tutus Florian Lakatos werden zu hören sein. Sie spielen osteuropäische Musik mit Cimbalom und Akkordeon in rasantem Tempo.
Und obwohl sie zu Recht die Vorurteile der deutschen Mehrheitsgesellschaft kritisieren, die Roma und Sinti als „Zigeuner“ stigmatisiert, benutzen die Veranstalter das umstrittene Etikett „Zigeuner-Jazz“, um auf sich aufmerksam zu machen. Dies ist Ausdruck des Dilemmas, entweder ignoriert oder stigmatisiert zu werden: „Es ist eindeutig, dass wir gerade in der Kulturarbeit benachteiligt werden, jahrelang nicht gefördert wurden“, wie Tornado Rosenberg, Bruder von Wolkly und ebenfalls Gitarrist bei Swing Gipsy Rose, feststellt. „Lustig, wie in weit verbreiteten Liedern beschrieben, ist das Leben für Sinti und Roma schon lange nicht mehr, schauen sie sich doch mal um,“ sagt Tornado Rosenberg: „Schauen Sie, das Arbeitsamt vermittelt bevorzugt Nicht-Sinti und -Roma.“ Roma oder Sinti, die sich als solche zu erkennen geben, haben davon im Alltag Nachteile: „Sie können in der Gesellschaft bis heute Vorurteile finden, die teilweise noch aus dem Mittelalter stammen und unhinterfragt in die heutige Zeit übernommen werden“, wie Tornado Rosenberg bilanziert.
„Tagtäglichen Rassismus“, nennt das Marko S. Knudsen, Vorsitzender des neugegründeten Zentrums für Antiziganismusforschung an der Hamburger Universtität.
Auf die Frage nach einem aktuellen Beispiel für Diskriminierung von Roma muß Kundsen nicht lange überlegen: „Die Roma- und Cinti-Union, RCU, sucht seit einem Jahr Büroräume. Sobald die Vermieter Roma und Sinti hören, ist es vorbei, obwohl die Behörde für die Miete aufkommt. ,Zigeuner, das passt unseren anderen Mietern nicht‘, bekommen wir dann zu hören.“
Gaston Kirsche