: Immer mehr Krankenhauskeime
UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS Auch nach Todesfällen auf der Frühchenstation gab es wohl große Hygienemängel. Staatsrat räumt Fehler ein und will mehr Leute
Joachim Schuster, SPD-Staatsrat
Auch nach Wiedereröffnung der Frühgeborenen-Station im Klinikum Bremen-Mitte (KBM) gab es dort offenbar erhebliche hygienische Mängel. Das geht aus einem gestern im Untersuchungsausschuss „Krankenhauskeime“ bekannt gewordenen Gutachten des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene hervor, das bereits im Februar erstellt wurde. Demnach waren mindestens die Arbeitsanweisungen für die Desinfektion vor allem der Sanitärräume in den vier kommunalen Kliniken noch immer „unterirdisch“, wie der Grünen-Politiker Björn Fecker es nannte. Das Gutachten stammt wohl aus dem beschlagnahmten Unterlagen von Diethelm Hansen, Ex-Chef der Krankhaus-Holding (Geno).
Gesundheits-Staatsrat Joachim Schuster (SPD) – der das Gutachten bis dato nach eigenen Angaben nicht kannte – räumte bei seiner Zeugenbefragung gestern gravierende „Missstände“ bei der Hygiene der kommunalen Klinken ein, die „schon länger“ bestanden. Ferner sprach er von „fehlendem Problembewusstsein“ für Hygiene und „Defiziten“ bei der Kontrolle des KBM. Auch rügte er das Gesundheitsamt sowie die Geno für verspätete Information über den Keimbefall im vergangenen Jahr. Zugleich kündigte er an, sein Ressort wolle mehr Leute einstellen – Hygienefachkräfte fürs KBM, Humanmediziner für die Behörde selbst sowie Personal für die Aufsicht im Gesundheitsamt. Details nannte er noch nicht.
Im Falle des jüngsten Keimbefundes in der Kinderklinik des KBM rechnet Schuster frühestens Ende der Woche mit einem Ergebnis aus den Labors des Nationalen Referenzzentrums in Bochum. „Höchstwahrscheinlich“ handele es sich jedoch um einen genidentischen Keim. Zugleich gab er sich „wenig hoffnungsfroh“, dass die genaue Herkunft des Darmkeimes überhaupt zu klären sei. Zudem werde das Problem mit resistenten Keimen in Kliniken angesichts des intensiven Antiobitikaeinsatzes bei Mensch und Tier im Zukunft „noch zunehmen“.
Ein weiterer Personalabbau im KBM würde laut Schuster „an Grenzen“ führen, die „schwer zu vertreten“ seien. Schon heute würden diese – durch Fluktuationen – unterschritten, auch seien Fachkräfte „nicht ohne Weiteres“ schnell zu gewinnen, schon gar nicht solche für Hygiene. Im ärztlichen und pflegerischen Betrieb des KBM gebe es heute „keine Notwendigkeit und Möglichkeit“ mehr, weiter Personal einzusparen, so Schuster. Auch im Gesundheitsamt sei das Personal „sehr knapp“ bemessen. Fehlende Ressourcen seien jedoch „nicht ursächlich“ für den Keimausbruch gewesen. Gleichwohl litten die kommunalen Kliniken unter „systematischer Unterfinanzierung“, sagt Schuster.
Mehrkosten in noch ungenannter Höhe kündigte Schuster für den Teilersatzneubau des KBM an, der „im Lichte“ der neuen Erkenntnisse über Krankenhaushygiene „optimiert“ werden müsse, etwa durch den Einbau zusätzlicher Schleusen. Hier könne gerade die neue – bisher als effizient gepriesene – „sehr kompakte“ Bauweise zum Problem werden. mnz