Christian BussDer Wochenendkrimi : Gefängnis aus Glas
Viel wird in diesem Krimi über Transparenz, Wärme und Sonnendurchlässigkeit geredet. Doch als Nachwuchs-Architektin Anett Berger in einen halbfertigen Büroturm gesperrt wird, helfen ihr auch die schönsten architektonischen Verheißungen nichts – eiskalt ist es hier oben 20 Stockwerke über Frankfurt, und auch die Panoramafenster können nicht über die Wahrheit hinwegtäuschen: Die junge Frau sitzt in einem Gefängnis aus Glas.
Wieder einmal einer dieser Frankfurt-„Tatorte“, die dramaturgisch nicht ganz aufgehen, in der aber doch mutiger als in den anderen TV-Reviers der Ort der Handlung durchdrungen wird: Der Krimi ist hier stets eine Anatomie einer Stadt. Autorin Judith Angerbauer hatte zuvor schon das Buch für die HR-Episode „Das letzte Rennen“ geliefert.
„Architektur eines Todes“ spielt nun einige Etagen höher – in den lichtdurchfluteten Räumen von Frankfurts Wolkenkratzer. Regisseur Titus Selge gewinnt den Räumlichkeiten bei aller Transparenz eine düstere Note ab. So wie die Figuren vor den Glaswänden herumtaumeln, beschleicht einen das Gefühl, sie würden gleich in die Tiefe stürzen. Nein, die hier bis ins letzte Detail austarierte Wohlfühlarchitektur verspricht keine Geborgenheit.
Dabei steht Stararchitektin Sofia Martens (Nina Petri) doch für eine neue Art des organischen Bauens. Als Chefin der entführten Berger gerät sie bald ins Visier der Ermittler. Und während Dellwo (Jörg Schüttauf) in den dunklen Häuserschluchten im Auto zu Led Zeppelin seine Runden zieht, wird Kollegin Sänger (Andrea Sawatzki) mit den Sitten und Gebräuchen in Karrierefrauenkreisen eingeführt.
Die gemeinsame Arbeit von Schüttauf und Sawatzki endet ja bald, doch in diesem „Tatort“ agieren ihre Figuren bereits derart entfremdet und einsam, als sei bereits alles vorbei. So klirrend kalt wie in diesem Skyline-Krimi kam Frankfurt schon lange nicht mehr daher.
■ Frankfurt-Tatort – „Architektur eines Todes“, So., 20.15 Uhr, ARD