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Archiv-Artikel

Erst Schimpftiraden, dann Zustimmung

Die PDS ist zwar alt und siech, doch offenbar attraktiv: der Berliner WASG-Parteitag votierte für eine Kooperation

„Die PDS ist ein sinkendes Schiff. Bei der Frischzellenkur sind wir nicht behilflich“

BERLIN taz ■ Zu Beginn beschimpfen sie PDS-Größen wie Sahra Wagenknecht und den Berliner Landeschef Stefan Liebich als „drittklassige Politiker“, Liebich auch als „Idioten“. Man würde es auch ohne sie über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen, riefen sie auf dem Landesparteitag der „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (WASG). Mit Blick auf die schwindenden Mitgliederzahlen ergänzt einer: „Die PDS ist ein sinkendes Schiff.“ Er habe keine Lust, ihnen bei der „Frischzellenkur“ behilflich zu sein. Am Ende war das Ergebnis klar: 45 Mitglieder der Berliner WASG sprachen sich auf ihrem Parteitag am Samstag gegen eine Zusammenarbeit mit der PDS aus, 17 enthielten sich, die Mehrheit von 60 Stimmen war jedoch dafür.

Mit dem positiven Votum vom Berliner Landesverband hat das von den beiden Bundesvorständen ausgehandelte Bündnis zwischen WASG und PDS eine entscheidende Hürde genommen. Galt die Zustimmung der WASG-Landesverbände in Brandenburg und Bayern als sicher, war die Skepsis bei den Berliner Linksabweichlern gegenüber der PDS ausgesprochen groß. Ihr Landesverband besteht zu 20 Prozent aus enttäuschten Ex-PDSlern, die seit der Regierungsbeteiligung der Berliner PDS den Rücken gekehrt haben. Aufgrund des strikten Sparkurses werfen sie insbesondere PDS-Landeschef Liebich „Neoliberalismus“ vor.

Ohne Rücksicht auf die Verhandlungen der Bundesspitze hatte Liebich vergangene Woche zudem die aussichtsreichen Listenplätze und Direktmandate bereits den eigenen Leuten zugeschanzt. Dem potenziellen Partner billigte er nur hintere Plätze zu. Damit lasse sich seine Partei nicht abspeisen, beschwerte sich WASG-Landesvorstandsmitglied Luigi Wolf. Trotz der Zustimmung zum Linksbündnis bei den Bundestagswahlen wollen sich die Berliner WASG-Aktiven eine eigenständige Kandidatur zur Abgeordnetenhauswahl 2006 offen halten.

Liebich zeigte sich am Wochenende zwar ein wenig versöhnlicher, warnte zugleich die Berliner WASG: „Wer jetzt schon ankündigt, dass er bei den Abgeordnetenhauswahlen 2006 gegen die PDS Wahlkampf machen will, der kann kein ernsthaftes Interesse an einer Kooperation haben.“ FELIX LEE