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Archiv-Artikel

„Die Musiker sollten Gage bekommen“

Auch bei der heutigen Fête de la Musique spielen Musikgruppen auf zahlreichen Bühnen in der Stadt umsonst. Umliegende Kneipen machen damit ein Riesengeschäft, kritisiert Rodrigo Giles, der Gitarrist der Latinfreestyle-Band Aztekanayas

INTERVIEW LUC CAREGARI

taz: Herr Giles, wann haben sich Sie und Ihre Band zum ersten Mal für die Fête de la Musique beworben?

Rodrigo Giles: Das erste Mal haben wir im Jahr 2002 mitgemacht. Damals waren wir eine Amateurband und hofften, so vor einem größeren Publikum spielen zu können.

Hat es sich denn gelohnt?

Sicher, denn wir hatten sofort ein großes Publikum – und das, obwohl wir nachmittags spielten. Ich habe mich gewundert, denn die Bands vor uns waren weitaus weniger erfolgreich. Aber wahrscheinlich lag es an unserem Stil, der die Leute einfach mehr interessiert hat.

Seitdem hat Ihre Band jedes Jahr auf der Fête de la Musique gespielt. Ist man nach einer Teilnahme immer wieder automatisch dabei?

Nein, wir mussten uns schon jedes Jahr anmelden. Trotzdem gab es eine stete Verbesserung, was Ort, Zeitpunkt und Dauer unserer Konzerte angeht. Das Einzige, was ich bemängele, ist, dass die Musiker nicht bezahlt werden. Nicht dass wir auf Gagen bestehen würden. Aber die meisten angrenzenden Restaurants und Kneipen machen mit den Auftritten ein Riesengeschäft.

Gibt es dafür Beispiele?

2004 etwa haben wir abends in einem Kulturhaus gespielt. Dessen Geschäftsführer sagte vor dem Konzert, dass er keine große Lust auf die Veranstaltung habe, da er seine Bude nicht voll kriegen würde. Nachher bewiesen wir ihm das Gegenteil, und seine Halle platzte fast vor Leuten.

Hat die fehlende Gage bisher irgendjemand davon abgehalten, an der Fête teilzunehmen?

Viele etwas erfolgreichere Bands wollen nicht bei der Fête de la Musique mitmachen, weil die Gage fehlt. Das ist natürlich schade, aber andererseits bietet das mehr Raum für Anfängergruppen, die schon glücklich sind, überhaupt spielen zu können.

Glauben Sie, dass Sie bei Ihren Konzerten von einem „multikulturellen Latino-Hype“ profitieren und auch deshalb so erfolgreich bei solchen Festen sind, weil Ihre Gruppe eben keine typisch deutsche Band ist?

Wir bauen lateinamerikanische und mexikanische Sounds in unsere Musik ein, aber unsere Bläser sind alle Deutsche. Der Rest der Band ist mexikanisch. Wir fühlen uns der mexikanischen Musikszene verpflichtet und engagieren uns auch politisch. Wir haben schon in der Halle Rockotitlan in Mexico City gespielt, dem Mekka der dortigen Rockmusik. Aktuell haben wir einen Song über die Massenentführungen im Norden Mexikos an amnesty international geschickt – mit etwas Glück benutzen sie ihn für eine ihrer Kampagnen. Trotzdem fühlen wir uns als Berliner Band. Wir leben, proben und spielen hier – heute Abend um 21 Uhr am Schlesischen Tor.