: Für unabhängigen Journalismus – nicht nur bei uns
Genointernational Wer anderen hilft, hilft auch sich selbst: Zu ihrem 20. Geburtstag unterstützt die taz Genossenschaft vier Zeitungsprojekte in Schweden, Uruguay, Tschechien und der Türkei – das Geld, das bis zum 15. September bei der taz Geno eingeht, wird zu gleichen Teilen an „BirGün“, „la diaria“, „Fria Tidningen“ und „Kulturní Noviny“ gehen. 23.200 Euro sind bereits eingegangen, 50.000 sollen es werden. Ein Aufruf zur Solidarität
■ BirGün: Im Jahr 2004 gegründet, versteht sich die Tageszeitung BirGün aus Istanbul, Türkei, als linke Zeitung, die gegen rechte Meinungsmonopole und staatliche Zensur kämpft. Sie benötigt Kapital, um einen adäquaten Online-Auftritt etablieren zu können. ■ la diaria: Im Jahr 2006 gegründet, kämpft die Tageszeitung la diaria aus Montevideo, Uruguay, mit einer alternativen Agenda für mehr Demokratie. Sie benötigt Kapital, weil sie gar keines hat – und träumt davon, ein eigenes Redaktionsgebäude zu besitzen. ■ Fria Tidningen: Im Jahr 2001 gegründet, rudert die Wochenzeitung Fria Tidningen aus Stockholm, Schweden, wacker gegen den Mainstream. Sie berichtet über Umweltfragen, Gleichheit, Demokratie, Freiheit, Frieden, Tierrechte und die Belange von LGBTI. Sie benötigt mehr Kapital, um der Redaktion mehr Recherchefreiräume eröffnen zu können. ■ Kulturní Noviny: Gegründet erst im letzten Jahr, engagiert sich die alle zwei Wochen erscheinende Kulturzeitung Kulturní Noviny aus Brünn, Tschechien, für den Aufbau einer selbstbewussten Bürgergesellschaft in einem postsozialistischen Land. Sie benötigt Kapital, weil es ein Wunder ist, dass es sie überhaupt gibt: Die MitarbeiterInnen verdienen 120 Euro im Monat. ■ Machen Sie mit, überweisen Sie Ihren Unterstützungsbeitrag auf folgendes Konto: GLS Gemeinschaftsbank, BLZ 430 609 67, Kto.-Nr. 8 020 477 400; Kontoinhaber taz Verlagsgenossenschaft eG; Stichwort: Genointernational
VON ASTRID PRANGE
Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. So träumte einst Reinhard Mey. Sein Traum vom Leben im grenzenlosen Nichts beflügelte ihn. Schließlich führt die Freiheit auf Erden ein eher kümmerliches Nischendasein. Der tägliche Überlebenskampf, politische Bevormundung, rasanter technologischer Wandel und der scheinbar unerschütterliche Glaube an Konsum und Kapitalismus zähmen die gedanklichen Höhenflüge von unbegrenzter Handlungsfreiheit.
Doch der Traum von einer besseren Welt beflügelt nicht nur Musiker, sondern auch Journalisten auf der ganzen Welt: grenzenlose Freiheit bei Themen, Worten, Bildern – eine wunderbare Vision. Eine Zeitung, die weder auf Anzeigenkunden Rücksicht nehmen noch verlegerische Interessen bedienen muss – ein echter Traum, der immer wieder Menschen auf der ganzen Welt erfasst.
Vor zwanzig Jahren erfasste die Lust an geschliffenen Widerworten die Leser der taz. Um „ihre Zeitung“ am Leben zu erhalten, gründeten sie die Genossenschaft. Seitdem liebäugeln sie mit der Revolution im Alltag, sie hegen und pflegen den gemeinsamen Traum von der publizistischen Unabhängigkeit. Die Regeln des Kapitalismus wollen sie durch Solidarität austricksen. Sie glauben an die starke Gemeinschaft statt an das große Kapital. Sie setzen auf inhaltliche Schlagkraft statt auf mächtiges Marketing.
Dieser Erfolg hat sich jenseits der deutschen Landesgrenzen herumgesprochen. Das Modell, das Zeitungsmacher und Zeitungsleser zu einer Gemeinschaft zusammenschweißt, hat mittlerweile viele Nachahmer gefunden. Dennoch sind Zeitungsgenossenschaften keine Inseln der Glückseligkeit, wie Sie, liebe Leserinnen und Leser, aus Ihrer langjährigen Unterstützung bestens wissen. Auch die taz muss sich in den Niederungen des medialen Alltags behaupten. Ohne funktionierendes Vertriebsnetz, zahlende Abonnenten, öffentliche Aufmerksamkeit und ein langfristiges Geschäftsmodell jenseits von Selbstausbeutung kann keine Zeitung existieren.
Genau deshalb möchten wir die vier Zeitungsgenossenschaften aus Tschechien, Schweden, der Türkei und Uruguay unterstützen. Wir möchten die KollegInnen darin bestärken, ihren Traum von Freiheit und Solidarität zu verwirklichen. Wir möchten, dass die Idee der taz Genossenschaft Schule macht, Zeitungsmacher und LeserInnen für unabhängigen Journalismus an einem Strang ziehen.
Sie, liebe Genossinnen und Genossen, haben gezeigt, dass dies möglich ist. Sie haben den Traum vom unabhängigen Journalismus verwirklicht. Dafür können wir Ihnen gar nicht genug dankbar sein. Ihre Großzügigkeit soll nun auch journalistischen Projekten zugute kommen, die wie die taz in ihrer Anfangsphase noch um ihr Überleben kämpfen. Denn Solidarität ist das schönste Geburtstagsgeschenk.
■ Astrid Prange ist Historikerin, Journalistin und Aufsichtsrätin der taz Genossenschaft