: Das Spiel des Jahrzehnts
FUSSBALLFIEBER Im Pokalfinale des Berliner Fußball-Verbands kämpfen ganz Kleine um eine Menge Geld – und um die Aussicht, im DFB-Pokal gegen einen ganz Großen anzutreten. Am Wochenende stand der SC Gatow dem Moabiter Regionalligisten BAK gegenüber
Als „sportliches Highlight“ der zu Ende gehenden Saison bezeichnete es Bernd Schultz, Präsident des Berliner Fußball-Verbands (BFV): das Duell zwischen dem SC Gatow und dem Berliner Athletik-Klub (BAK). Für Bernd Trepte, den Gatower Vereinsvorsitzenden, war das Finale um den BFV-Pokal am Pfingstsamstag im Jahnsportpark gar das „Spiel des Jahrzehnts“. Kein Wunder: „Wir hätten für die nächsten zehn Jahre ausgesorgt“, so Trepte angesichts von 100.000 Euro Siegprämie. Diese für Amateure enorme Summe zahlt der Deutsche Fußball-Bund jedem Cupsieger aus seinen Landesverbänden. Was für ein Motivationsschub für Feierabendkicker!
Auch beim Moabiter BAK, in der Regionalliga zwei Spielklassen über SC Gatow angesiedelt, fieberten Fans, Mannschaft und Funktionäre dem Anpfiff entgegen. „Es ist die einmalige Chance, in der ersten Runde des DFB-Pokals dabei zu sein“, sagte Präsidiumsmitglied Oktay Atas.
Ein Sieg ist Gold wert
Denn bei den 100.000 Euro bleibt es ja nicht: Der Einzug in den bundesweiten Wettbewerb ist Gold wert. Im DFB-Pokal genießen Amateure Heimrecht gegen einen Club aus dem Profilager. Bayern München, Borussia Dortmund oder ein Derby gegen Hertha BSC – nichts ist unmöglich, wenn der erste Durchgang Mitte August über die Bühne gehen wird. Und sollte tatsächlich der Sprung in die 2. Runde gelingen, winkt die Verdopplung der Erstrundengage durch den DFB. Dazu Nebeneffekte wie Zuschauerboom und zusätzliche Sponsorengelder. Die Auslosung der 32 Begegnungen entscheidet also über Träume oder Schäume.
Für so manche Amateurspieler aus Moabit und Gatow, deren Vereine meist vor kärglich besetzten Rängen spielen, wird der Sportplatz zum Laufsteg: Bundesliga-Manager nutzen Partien gegen den „kleinen Mann auf dem Rasen“ gern zum Talentecasting.
Gatows Trainer Steffen Borkowski registrierte vor dem Highlight an Pfingsten in seinem Kader eine wachsende Pokallust. „Wir haben eine unglaubliche Trainingsbeteiligung, wie im ganzen Jahr nicht. Alle Spieler wollen dabei sein“, sagte der Mann, der 1993 als Aktiver mit Tennis Borussia die Pokaltrophäe in die Höhe recken durfte. „Das Finale ist etwas Besonderes“, erzählte BAK-Mannschaftskapitän Murat Doymus. „Darüber gesprochen wurde schon vor dem Halbfinale“, so sein Gatower Kollege, Nils-Peter Otto.
Zum Kitzel vor dem Endspiel gehörte auch, dass die Gatower Mannschaft gemeinsam im Bus anreisen durfte. In der Berlin-Liga benutzen die Helden der Plätze schon mal die öffentlichen Nahverkehrsmittel.
Nach spannenden 90 Spielminuten vor 1.237 Zuschauern im Jahnsportpark war es dann BAK-Kapitän Doymus, der den BFV-Pokal in Empfang nehmen durfte. Der Favorit hatte den tapferen Außenseiter Gatow mit 2:0 besiegt und freut sich nun auf den Siegerscheck vom DFB. Für den geschlagenen Außenseiter blieb nur das Präsent des Pokalsponsors, einer ortsansässigen Brauerei: Freibier.
Der Traum ist geplatzt
„Es war ein Traum, der ist geplatzt“, konstatierte Clubchef Trepte. Die Gatower haben jetzt im Berlin-Liga-Alltag noch zwei Punktspiele gegen den SC Staaken und den VfB Hermsdorf vor der Brust – es geht um den Klassenerhalt. Bei dem neuen Berlin-Pokalsieger BAK wächst hingegen die Hoffnung auf ein Traumlos im DFB-Cup. Coach Jens Härtel würde sich gern mit dem Lokalrivalen 1. FC Union messen, bei dem er selbst in den 1990er Jahren als Libero gewirkt hatte. „Ich wünsche mir Hertha“, erklärte wiederum BAK-Präsident Mehmet Ali Han im Hochgefühl des Triumphs. Was den Rubel bei den Moabitern sicherlich erneut rollen ließe. JÜRGEN SCHULZ