: Bauerntag fordert Korrekturen
Mit Protesten von Landwirten gegen die Agrarpolitik von EU und Bundesregierung hat gestern in Rostock der Deutsche Bauerntag begonnen. Rund 100 Landwirte protestierten gegen sinkende Einnahmen. Im Frühjahr hatte eine Lebensmittelkette Milch für 33 Cent pro Liter verkauft, die Produktionskosten liegen bei rund 32 Cent. Bauernpräsident Gerd Sonnleitner forderte „endlich faire Milchpreise“. In den vergangenen Jahren sei die Wettbewerbsstellung der Landwirte kontinuierlich verschlechtert worden, so Sonnleitner. Die deutsche Landwirtschaft müsse von der Politik wieder als Wirtschaft wahrgenommen werden und nicht nur als Landschaftspfleger. Der Verbandschef warnte vor einer Reduzierung der EU-Agrarsubventionen: Hier sollten die Politiker auf keinen Fall den Vorschlägen Tony Blairs folgen. Dieser wolle „kein Europa, sondern eine lose Freihandelszone“. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) forderte hingegen, die EU-Agrarbeihilfen an der Zahl der Arbeitsplätze in einem Betrieb statt nach der Fläche zu bemessen. Das jetzige System führe zur Verdrängung der über Jahrhunderte gewachsenen bäuerlichen Strukturen und die Schaffung von rationalisierten Großbetrieben, kritisierte der Verband, der sich als agrarpolitischen Gegenpol zum Bauernverband sieht. Die AbL warf dem Bauernverband vor, zu sehr auf Massenproduktion zu setzen und so die Bauern in die Abhängigkeit der Industrie zu führen.
In Rostock wollen in den kommenden Tagen rund 7.000 Landwirte auf ihrem traditionellen Treffen eine Generaldebatte über den Stand der Ernährungswirtschaft führen. Bis Sonntag werden als Gäste neben Künast auch Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel. In Deutschland hängen 4 Millionen Arbeitsplätze und 15 Prozent des Bruttoinlandsproduktes an der Landwirtschaft. dpa FOTO: AP