: Führerschein oder Leine
Hamburg steht vor einem Hundegesetz, das Halter vor die Alternative stellt – fast auf den Tag genau fünf Jahre nachdem ein Sechsjähriger auf dem Spielplatz von einem Kampfhund zerfleischt wurde
aus Hamburg Gernot Knödler
Die Hamburgische Bürgerschaft will Hundehalter zwingen, ihre Tiere grundsätzlich an die Leine zu nehmen. In einem gemeinsamen Eckpunktepapier aller Fraktionen (CDU, SPD und GAL), das heute verabschiedet werden soll, wird der CDU-Senat aufgefordert, nach der Sommerpause dazu ein Gesetz vorzulegen. Es soll Hundehalter zwingen, eine spezielle Haftpflichtversicherung für schätzungsweise 100 Euro im Jahr abzuschließen. Jedem Hund soll ein Chip zur Identifizierung eingepflanzt werden. Ausnahmen vom Leinenzwang gibt es nur für ungefährliche Hunde, deren Halter einen Hundeführerschein gemacht haben.
Das Thema Hundehaltung ist in Hamburg wieder auf die politische Tagesordnung gekommen, nachdem im Frühjahr innerhalb von zwei Wochen drei Menschen von Hunden angefallen worden waren. Zuletzt hatte ein Schäferhund einem kleinen Mädchen ins Gesicht gebissen.
Das Gesetz soll die Hundeverordnung ablösen, die der Senat im Juli 2000 erließ – knapp einen Monat nachdem ein American Staffordshire-Terrier auf einem Spielplatz den sechsjährigen Volkan zu Tode gebissen hatte. Der 24-jährige Besitzer des Terriers hatte seinen Kampfhund regelmäßig aufs Beißen trainiert und trotz Maulkorb- und Leinenzwang frei laufen lassen. Wegen Körperverletzung mit Todesfolge wurde er zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt und in die Türkei abgeschoben.
Ziel des Gesetzes sei es, klare Regeln zu schaffen, um ein friedliches Miteinander von Hundehaltern und Hundelosen zu gewährleisten, heißt es in dem Antrag. Es gelte „die Halter in die Pflicht zu nehmen, die sich zu wenig um ihre Hunde kümmern“, sagte der GAL-Abgeordnete Christian Maaß. Umgekehrt sollen diejenigen, die sich sachkundig machen, eine größere Freiheit im Umgang mit ihren Hunden genießen.
Die Fraktionen teilen die Hunde in vier Kategorien ein. Als „unwiderlegbar gefährlich“ gelten Pit-Bull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bull-Terrier und deren Kreuzungen. Der Senat soll prüfen, ob auch der Bull-Terrier hier eingeordnet werden muss. Wer Hunde dieser Rassen oder Hunde, die individuell als gefährlich eingestuft werden, halten will, muss sich das im Einzelfall genehmigen lassen und 600 Euro Hundesteuer im Jahr bezahlen. Die Tiere müssen stets angeleint werden und Maulkorb tragen.
Bei weiteren elf Hunderassen, deren Gefährlichkeit vermutet wird, sind Ausnahmen möglich, sofern der Hund einen Wesenstest bestanden und der Halter einen Hundeführerschein für diesen Hund gemacht hat. Alle anderen Hunde können ohne Genehmigung und Maulkorb für 90 Euro im Jahr gehalten werden, mit Hundeführerschein entfällt sogar der Leinenzwang.
Wie bisher sollen solche Hunde auf öffentlichen Wegen und Straßen frei laufen dürfen, außerdem sollen für sie zusätzlich Grundstücke und Wege freigegeben werden. Für Hunde unter Leinenzwang müssen zusätzliche Auslaufflächen geschaffen werden.
Kontrolliert werden sollen die Regeln durch den städtischen Sicherheits- und Ordnungsdienst, der hierfür allerdings nicht aufgestockt wird. Für Obdachlose, die Steuer und Versicherung überfordern, wünscht sich die GAL eine Sonderregelung.