: Wenn man sich Pöbeln doch überlegen sollte
Berlin-Gesundbrunnen
93.600 Einwohner*innen.
Wo später in dem Ortsteil Berlins die Mietskasernen wucherten, war noch Mitte des 18. Jahrhunderts, der Name sagt es, tatsächlich ein Kur- und Badeort.
Feierabendverkehr. Auf dem Radstreifen der Prinzenallee in Gesundbrunnen ist es voll. Und ja, vermutlich bin ich ein wenig genervt. Der Lastenradfahrer, der vor mir zum Überholmanöver ansetzt, guckt nicht nach links, als er an dem Verkehrsteilnehmer vor ihm vorbeizieht. Sonst hätte er vielleicht gesehen, dass ich bereits neben ihm bin, ich will nämlich auch überholen. Fast gerate ich auf die Autospur. Hey, rufe ich seinem Cockerspaniel ins Gesicht, der mich aus dem Lastenrad anglotzt. „Erst gucken, dann überholen.“
Der Dialog, der sich dann über mehrere rote Ampeln entspinnt – man kann in der Stadt ja so schlecht wegfahren, weshalb Pöbeln überlegt sein will – ist durchaus interessant. Er beinhaltet unschöne Beleidigungen beiderseits und die Verdächtigung seinerseits, ich sei bestimmt so ’ne pedantische Lehrerin, oder „noch schlimmer, Grundschullehrerin“!
Darüber muss ich leider lachen. An der nächsten Ampel entschuldigt sich der Mann: „Eigentlich bin ich übrigens ganz nett, ich sag bloß manchmal blöde Sachen.“ Ich sage, dass ich eigentlich auch ganz nett bin. Und dann hoffe ich, dass uns die nächste Rotphase endlich trennen möge. Anna Klöpper
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