: 50 Jahre Haft für 64-Jährigen
JUSTIZ Das Sondertribunal für Sierra Leone verurteilt Liberias Expräsidenten Charles Taylor zu einer Haftstrafe, an deren Ende er 114 Jahre alt sein wird. Berufung ist möglich
LEIDSCHENDAM afp/taz | Der frühere liberianische Präsident Charles Taylor muss für 50 Jahre ins Gefängnis. Das Sondertribunal für Kriegsverbrechen in Sierra Leone während des 2001 beendeten Bürgerkrieges verkündete gestern das Strafmaß, nachdem Taylor bereits am 26. April schuldig gesprochen worden war. Taylor, der Liberia von 1997 und 2003 regierte und 2006 aus dem nigerianischen Exil an das Sondertribunal ausgeliefert wurde, ist der erste ehemalige Staatschef seit dem Zweiten Weltkrieg, der in einem internationalen Prozess verurteilt wurde.
Das Urteil von 50 Jahren Haft fiel einstimmig, sagte Richter Richard Lussick. Taylor sei dafür verantwortlich, zu einigen der „hasserfülltesten Verbrechen der Menschheitsgeschichte“ aufgerufen und sie mitgeplant zu haben. Beim Bürgerkrieg in Sierra Leone hatte Taylor die Rebellenbewegung RUF (Revolutionäre Vereinte Front) mit Waffen unterstützt und sich dafür mit Diamanten bezahlen lassen, woraus später der Begriff „Blutdiamanten“ geprägt wurde.
Die Anklage hatte eine Haftstrafe von 80 Jahren empfohlen. Die Verteidigung hatte das als „unverhältnismäßig und überzogen“ zurückgewiesen: da Taylor bereits 64 Jahre alt sei, komme eine solche Strafe einer lebenslangen Haft gleich, welche das Tribunal nicht befugt sei zu verhängen.
Die Haftstrafe von 50 Jahren ist da auch nicht anders, aber die Richter gehen damit darauf ein, dass sie in ihrem Urteil vom 26. April der Anklage nicht in allen Details gefolgt waren: Taylor habe nicht – wie von der Anklage behauptet – die „effektive“ Kontrolle über die RUF-Rebellen in Sierra Leone ausgeübt.
Der Expräsident, in einen schwarzen Anzug gekleidet, nahm das Urteil mit geschlossenen Augen entgegen. Er hatte auf „nicht schuldig“ plädiert. Zuletzt hatte Taylor am 16. Mai vor Gericht erklärt, er sei nicht verantwortlich für die Verbrechen der RUF. Der Anklage warf er vor, Zeugen gekauft zu haben. In der Anhörung, der letzten vor der Verkündung des Strafmaßes, hatte die Anklage Taylor als „enthusiastischen Teilnehmer“ an Kriegsverbrechen bezeichnet; seine Rolle sei wichtiger gewesen als die der RUF-Führung.
Anklage und Verteidigung haben die Möglichkeit, das Urteil und das Strafmaß anzufechten. Ein entsprechender Berufungsantrag muss innerhalb von 14 Tagen eingereicht werden.
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