Die Minderheitenforscherin

Ende des 16. Jahrhunderts erst kamen Juden nach Schleswig-Holstein, wo sie stets eine kleine Minderheit blieben, konzentriert in Altona, Rendsburg und wenigen weiteren Orten. Über die jüdischen Gemeinden und ihr Leben vor, während und nach der nationalsozialistischen Verfolgung hat die Flensburger Historikerin Bettina Goldberg im vergangenen Jahr eine Studie vorgelegt – und erhielt dafür jetzt den Preis der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte (GSHG).

Goldbergs Band „Abseits der Metropolen. Die jüdische Minderheit in Schleswig-Holstein“ (Wachholtz Verlag) wurde als „vorbildlich“ gewürdigt: Eine vergleichbare Studie liege bislang für keine andere Region in Deutschland vor.

Ihrem Thema ist die Autorin durchaus eng verbunden: Zur Zeit der Weimarer Republik lebten ihre – jüdischen – Großeltern in Kiel. Sie stammten aus Ostpolen und betrieben nun ein kleines Textilgeschäft. Ende der 1930er Jahre mussten solche „Ostjuden“ dann unter Androhung von KZ-Haft das Land verlassen. Goldbergs Vorfahren flohen nach Belgien, ihr Vater wurde mit einem der sogenannten „Kindertransporte“ ins sicherere Großbritannien gebracht.

Bettina Goldberg, Jahrgang 1955, studierte Germanistik und Geschichte. Für ihre Dissertation beforschte die gebürtige Essenerin „Schulgeschichte als Gesellschaftsgeschichte“: Goldberg untersuchte Schulen mit gesonderten jüdischen Einrichtungen. 1996 zog sie nach Flensburg, um an einem Forschungsprojekt über die Judenverfolgung in der Region mitzuwirken. Heute ist sie Lehrbeauftragte der Universität Flensburg und unterrichtet zudem an einem Gymnasium.

Wie auch ihre Mutter ist Goldberg selbst keine Jüdin, sagt aber über sich, sie fühle sich jüdisch. Umso mehr freut sie sich über den Preis, den sie nun von der GSHG bekommt: „Nicht um meiner selbst wegen“, sagt Goldberg, „sondern weil damit das Thema als Teil der schleswig-holsteinischen Landesgeschichte endlich gewürdigt wurde.“ SMW