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Archiv-Artikel

S-Bahn bringt wieder Chaos

NAHVERKEHR Wegen einer Panne bei den Zugbremsen fährt die S-Bahn ab heute wieder nur nach Notfallplan. Nur ein Viertel der Züge ist im Einsatz. Die Stadtbahn fährt gar nicht

Wie ein Bahn-Sprecher der taz erläuterte, sind Probleme bei den Wartungen der Zugbremsen aufgetreten

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER UND SASCHA CHAIMOWICZ

Die Berliner S-Bahn und ihre Kunden rattern in ihre nächste Krise. Am Montag kündigte die Bahn AG einen erneuten „Notfallplan“ an. Die Kunden müssten sich ab dem heutigen Dienstag auf massive Verkehrseinschränkungen einstellen. Auf der Stadtbahn fahren keine Züge zwischen Alexanderplatz und Westkreuz, teilte die S-Bahn mit. Nach Potsdam sollten Kunden vor allem Regionalzüge nutzen. Im Innenbereich sollten Kunden auf die BVG ausweichen. „Ich entschuldige mich ausdrücklich bei allen Berlinerinnen und Berlinern, dass wir sie erneut mit erheblichen Einschränkungen konfrontieren müssen. Heute ist ein schwarzer Tag für Berlin und die S-Bahnen“, sagte Bahn-Verkehrsvorstand Ulrich Homburg am Montag abend. Nach Angaben der S-Bahn werden voraussichtlich nur 163 Viertelzüge zur Verfügung stehen. Das ist nur ein Viertel aller Züge.

Hintergrund für das erneute Bahn-Chaos seien „sicherheitsrelevante Fahrzeugmängel“, die am Montag bei turnusmäßigen Überprüfungenfestgestellt worden seien, wie der Mutterkonzern Deutsche Bahn mitteilte. Diese könnten nicht kurzfristig behoben werden, so dass die Verfügbarkeit der Fahrzeugflotte „erheblich eingeschränkt“ werde. Wie ein Bahn-Sprecher der taz erläuterte, sind Probleme bei den Wartungen der Zugbremsen aufgetreten.

Bereits am Montagmittag hatte Homburg bei der Pressekonferenz zum „Bahngipfel“ Probleme mit der Haltbarkeit grundüberholter Bremszylinder angedeutet.

Berlins S-Bahn ist seit mehr als drei Monaten in der Krise. Weil das Eisenbahnbundesamt zusätzliche Sicherheitsüberprüfungen angeordnet hatte, musste die Mehrzahl der Schienenflotte in die Reparaturwerkstatt. Anlass war ein Radscheibenbruch, in dessen Folge im Mai ein Zug entgleist war.

Seither beklagen Senat, Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), Fahrgastverbänden und Millionen Kunden Zugausfälle, schlechte Takte und zu kurze S-Bahnzüge. Die Bahn hat angekündigt, dass erst bis Jahresende 2009 wieder alle Züge laufen könnten.

Die krachend vollen S-Bahnzüge nach dem Ende der Schulferien hatte der Senat am Montagvormittag zum Anlass genommen, den Druck auf die S-Bahn zu erhöhen. Nach dem Bahngipfel mit Vertretern Berlins, der Bahn AG, der BVG und dem VBB, forderte Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) nicht nur Nachbesserungen im Fahrplan, sondern den schnelleren Einsatz von mehr und längeren Zügen. Nur so könne „die S-Bahnkrise bewältigt werden“. Bis zur Ankündigung des neuen Notfallplans waren ganze 670 Wagen von 1.100 im Einsatz.

DB-Vorstand Hombach hatte beim Gipfel am Mittag die Defizite eingeräumt, sprach aber auch von erreichten „Angebotsverbesserungen“.

Keine Einigung brachte der Bahngipfel in Sachen Entschädigungsregelung. Bislang hat die Bahn nur Abonnenten und Jahreskarteninhabern einen Freifahrmonat im Dezember versprochen. Junge-Reyer verlangte nach dem S-Bahngipfel, dass „auch andere Kundengruppen des Verkehrsverbundes entschädigt werden.“ Die von der Bahn anvisierten Regelungen seien „nicht ausreichend“. Die Kunden der BVG, Schüler- oder Studententicketinhaber und die Fahrgäste des VBB müssten bei den Regelungen berücksichtigt werden, sagte sie.

Klar ist, dass die Entschädigungen die Kassen der S-Bahn stark belasten werden. Homburg sprach beim Bahngipfel von 25 Millionen Euro. Für heute hat die Verkehrssenatorin Bahn-Vorstand Homburg erneut zum Krisengipfel eingeladen.