piwik no script img

berliner szenenDie Kinder groß werden sehen

In meiner Elternzeit war die Ikea-Filiale in unmittelbarer Nähe unserer Wohnung für meine Tochter und mich wie ein zweites Zuhause: Im Restaurant durfte man sich für einen Euro beliebig oft Kaffee nachfüllen und es war nicht nur ausreichend Platz, eine Krabbeldecke für Babys auszulegen – die Mit­ar­bei­te­r*in­nen gaben einem auch immer das Gefühl, dass Kinder sich frei durch das Restaurant bewegen können, wie es ihnen beliebt.

An der Kasse gab es bei Bedarf Windeln und Brei umsonst, und auch für einen geräumigen Wickel- und Stillraum war gesorgt. Wann immer ich jetzt zu Ikea komme, denke ich etwas wehmütig an die Zeit zurück. Die ruhige Ecke im oberen Restaurantbereich, in der sich damals oft auch andere Eltern mit ihren Kleinkindern aufhielten und bei Kaffee austauschten, während die Kinder den Restaurantboden erkundeten, ist mittlerweile voller Tische und meine Tochter so groß, dass sie sich nur für die Malcomputer interessiert.

Geblieben ist nur die Frau mit den rot gefärbten Haaren, die unten im Essenssegment tagein, tagaus an der Kasse steht. Sie kennt meine Tochter von klein auf und beginnt gern Gespräche mit ihr.

An einem verregneten Nachmittag treffen wir sie an der Bushaltestelle. Sie kommt gerade von der Arbeit und fragt meine Tochter, wie es ihr geht. Als ich erstaunt reagiere, dass sie uns erkennt, meint sie: „Ich kenne Ihre Tochter, seit sie ein Baby ist. Die erkenne ich überall wieder.“

Sie erzählt, sie arbeite bereits seit 30 Jahren bei Ikea im Verkauf. In der Zeit habe sie nicht nur viele Kinder groß werden, sondern auch einige mit ihren eigenen Kindern wiederkommen gesehen: „Ich mache immer das Gleiche. Aber langweilig geworden ist mir bei der Arbeit nie. Ich liebe es, immer mit Menschen zu tun zu haben.“

Eva-Lena Lörzer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen