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Archiv-Artikel

Vattenfall will wegen Atomausstieg klagen

ENERGIEWENDE Es geht um Investitionsschutz: Weil er die Meiler Brunsbüttel und Krümmel abschalten musste, ruft der schwedische Konzern das internationale Schiedsgericht ICSID in Washington an

Setzt Vattenfall sich durch, kostet das den Steuerzahler Hunderte Millionen von Euro

Vattenfall will Deutschland vor dem internationalen Zentrum für Investitionsstreitigkeiten (ICSID) verklagen. Weil er die Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel vorzeitig abschalten musste, hat der schwedische Energiekonzern am 31. Mai in Washington die Einsetzung eines Schiedsgerichts beantragt. Vattenfall beruft sich auf die internationale Energiecharta, die Auslandsinvestitionen in Energieanlagen schützt. In gleicher Weise war der Konzern im Jahre 2009 gegen die Umweltauflagen des Hamburger Senats für das Steinkohlekraftwerk Moorburg vorgegangen.

„Wir wurden durch den Atomausstieg geschädigt“, sagte Vattenfall-Sprecherin Sandra Kühberger der taz. Ihrem Konzern und der Mitbetreiberin Eon entgehen zum einen die täglichen Einnahmen aus der Stromproduktion. Außerdem hat Vattenfall die beiden Reaktoren angeblich für 700 Millionen Euro repariert – Geld, das jetzt in den Wind zu schreiben ist. Kühberger betonte, Vattenfall sei an einer einvernehmlichen Lösung sehr interessiert. Mit der Anrufung des ICSID wende sich Vattenfall nicht gegen den Atomausstieg. „Wir unterstützen die Energiewende“, versicherte Kühberger.

Der Umweltverband BUND wies darauf hin, dass es den deutschen Steuerzahler viele Hundert Millionen Euro kosten könnte, sollte sich Vattenfall bei einem Schiedsverfahren durchsetzen. „Dieses Geld fehlt dann für einen Umbau der Energieinfrastruktur“, kritisierte der Hamburger Landesgeschäftsführer Manfred Braasch.

Mit der Klage nutze Vattenfall zum zweiten Mal „das intransparente und erpresserische Instrument eines internationalen Schiedsverfahrens außerhalb des europäischen Rechtssystem“, so Braasch weiter. Der Streit über das Kraftwerk Moorburg endete mit einem Vergleich, in dem die Umweltauflagen gelockert wurden.

Entgegen früheren Zusagen hat Vattenfall noch keine Stilllegungsanträge für die beiden Atomkraftwerke gestellt. Die Frage Einschluss oder Rückbau sei komplex, sagte Kühberger. Vattenfall wolle sie gründlich erwägen.  GERNOT KNÖDLER