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berliner szenenDen Mond zusammen betrachten

Orange und riesig kommt er raus, weiß und rund steht er später da über den Gebäuden der Oderstraße. Ein perfekter, voller Mond. Wir sitzen auf dem Tempelhofer Feld und gucken uns den Mondaufgang an wie früher, als wir unseren Alltag (mehr oder weniger) gemeinsam gestalteten.

Es war damals eine unausgesprochene Tradition, den Mond zusammen zu betrachten. In Berlin haben wir ihn überall gesehen: Zwischen Bäumen, von verschiedenen Brücken aus über dem Kanal, zufällig an einer Ecke oder genau über dem Teleskop im Treptower Park. Wir waren dabei mal entspannt, mal betrunken, mal frisch verliebt. Auf Reisen sahen wir ihn vom Meer reflektiert, hinter den Bergen, über Heiden voller Nebel. Dabei unterhielten wir uns über die Gesichter, die wir darauf sahen, aber auch über dies und das, häufig schwiegen wir.

Eines Abends googelten wir, wie man „Mond“ auf Japanisch, Türkisch, Finnisch und in weiteren Sprachen sagt, und hörten uns die Fremdwörter immer wieder an. Bei manchen waren wir überrascht, bei anderen belustigt, bei anderen wiederum enttäuscht: Wir hätten uns es romantischer gewünscht. „Hast du ihn heute schon gesehen?“, schrieben wir uns oft, und es folgten verschwommene Bilder eines leuchtenden Punkts in der Dunkelheit. Manchmal schickten wir uns nur einen Satz: „Guck aus dem Fenster!“ Wenn wir mit anderen Menschen unterwegs waren und den Mond plötzlich entdeckten, dachte jede von uns an die andere, als ginge es nicht anders, als wären wir Satelliten des Satelliten, unzertrennliche Anbeterinnen, behext.

Als der Parkwächter uns mit der Taschenlampe anstrahlt und uns bittet, das Feld zu verlassen, fangen wir langsam an zu packen, ohne den Himmel aus den Augen zu verlieren.

Luciana Ferrando

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