: Flammeninferno im Häusermeer
NIGERIA Bei dem Flugzeugabsturz in Lagos, Afrikas größter Stadt, starben nicht nur die 153 Insassen, sondern auch eine unbekannte Zahl von Menschen am Boden. Ursache unklar
VON KATRIN GÄNSLER
COTONOU taz | Drei Tage Staatstrauer, so hat es Nigerias Präsident Goodluck Jonathan am Sonntagabend nach dem verheerenden Flugzeugabsturz angeordnet. Alle 153 Insassen, die mit Dana Air von der Hauptstadt Abuja in die Wirtschaftsmetropole Lagos geflogen waren, sind bei dem Absturz der Maschine im Landeanflug ums Leben gekommen. Unter den Opfern sind wohl auch zwei Mitarbeiter der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), einer von ihnen Deutscher.
Es sollte ein Flug sein wie Dutzende, die täglich von Lagos nach Abuja gehen und zurück. Doch kurz vor der Landung in Lagos stürzte die Boeing MD-83 der nigerianischen Fluggesellschaft Dana Air – auf ihrer Website wirbt sie mit dem Slogan „Der cleverste Weg zu fliegen“ – im Stadtteil Iju ab. Dieser liegt ganz in der Nähe des erst vor wenigen Jahren komplett erneuerten nationalen Terminals des Murtala-Muhamed-Flughafens (MMA2). Es ist eines der am dichtesten besiedelten Wohngebiete von Lagos. Ein kleines Haus reiht sich an das nächste. Die Wohnungen teilen sich aufgrund des akuten Wohnungsmangels in Lagos häufig viele Menschen. In sie raste die Unglücksmaschine hinein. Wie viele davon zusätzlich zu den 153 toten Flugzeugpassagieren ums Leben gekommen sind, ist noch überhaupt nicht klar.
Die Ursache für den Absturz der Boeing MD-83, die die 2007 gegründete Dana Air aus Kanada gekauft hatte, ist ungeklärt, aber in Nigeria wird jetzt Flugsicherheit diskutiert. Dana Air gilt zwar auch nicht als schlechter als die übrigen Fluggesellschaften im Land und steht nicht auf der schwarzen Liste der EU. Doch Gerüchten zufolge sollen ausländische Ingenieure vor einiger Zeit die miserablen Zustände einiger Dana-Flugzeuge angeprangert haben. Darum gekümmert hat sich offensichtlich niemand.
Dabei wird die Luftfahrt offensichtlich immer attraktiver. Nigeria ist ein großer Flächenstaat mit über 150 Millionen Menschen und schnellem Wirtschaftswachstum. Durch den Umzug vieler staatlicher Einrichtungen von Lagos nach Abuja steigt die Nachfrage nach Binnenflügen. Der Standardpreis für die Strecke beträgt etwa 20.000 Naira – rund 100 Euro.
Es war nicht der erste Flugzeugabsturz mit nigerianischer Beteiligung an diesem Wochenende. Erst am Samstag kam in Ghanas Hauptstadt ein Cargo-Flugzeug aus Nigeria beim Landen nicht rechtzeitig zum Stehen und schoss über die Landebahn hinaus direkt in einen Bus. Mindestens zehn Menschen sollen ums Leben gekommen sein.
Und erst am Sonntagmorgen kamen zwölf Menschen in einer Kirche im nordnigerianischen Bundesstaat Bauchi ums Leben. Dahinter steckt offensichtlich die islamistische Sekte Boko Haram – einer von vielen Anschlägen der letzten Monate. Er ging durch den Flugzeugabsturz in der Wahrnehmung unter. „In Nigeria trauen wir jetzt um die Opfer des Absturzes“, sagt der Journalist Emmanuel Onwubiko. „Bei der momentanen Situation unseres Landes müssten wir eigentlich ständig Trauer tragen.“