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Archiv-Artikel

Flüchtende Würmer

Sinnlich erfahrbare Wissenschaft soll ins Rathaus locken. Zum Beispiel zur biologischen Sprengstoffbeseitigung

Von HB

Bremen taz ■ Bohrkerne zum Anfassen, Steinkorallen unter UV-Licht, Exponate zum Thema „Wie rostet eine Ankerkette in tropischen Gewässern?“ – Was Bremen an sinnlich erfahrbarer Wissenschaft zu bieten hat, ist derzeit in der unteren Rathaushalle zu bestaunen. Universität, Max Planck-Institut, das Bremerhavener Polarforschungsinstitut und andere haben sich zusammengetan, um die „Stadt der Wissenschaften“ der Bevölkerung näher zu bringen.

Der dabei gespannte zeitliche Bogen misst satte 15 Milliarden Jahre, vom Urknall bis zur Bekämpfung aktueller Umweltprobleme. Das „Zentrum für Umweltforschung und Umwelttechnik“ der Universität etwa informiert über seine Arbeiten zur Bodenentgiftung. Man lernt: Nicht nur chemische Analysen führen zur Bestimmung der Schadstoffkonzentration, sondern ebenso biologische Indikatoren wie flüchtende Regenwürmer und verblassende Leuchtbakterien. Konkretes Anwendungsfeld ist zum Beispiel die Waller Mülldeponie.

Ihr größtes Projekt haben die Bremer UmweltforscherInnen allerdings im Harz: Dort gilt es, rund 140 Hektar einer ehemaligen Rüstungsfabrikation zu regenerieren. Der Boden ist voller Überbleibsel des Sprengstoffs TNT, der sonst nach und nach ins Grundwasser gespült würde.

Die Entdeckung der Bremer: Kombiniert man das Wurzelwerk von Holunder, Pappeln oder Fichten mit bestimmten Weißfäulepilzen, können diese – in gemeinsamer symbiotischer Anstrengung – die komplexen TNT-Moleküle knacken.

Das zehnbillionenfach vergrößerte Modell eines solchen Sprengstoffmoleküls lockt das Publikum schon von weitem zum Stand, auch lustig blinkende Wurzelwerk-Schemata sind zu bestaunen. Das Problem liegt nur in der Beschriftung: Wer versteht, was der zu drückende Knopf als „endotrophe Mykorrhizen“ verheißt, die „auch submers“ wachsen? Leichte Verständlichkeit hört sich anders an, aber Bremen hat ja noch ein halbes Jahr Zeit, als „Stadt der Wissenschaften“ zu wachsen. HB

Bis 21. Juli. Geöffnet Montag bis Freitag zwischen acht und 18 Uhr, Samstag und Sonntag ab 10. Dieses Wochenende bietet das Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut für Polarforschung auch einen Tag der offenen Tür im Institut (Sa) beziehungsweise auf der „Polarstern“ (So)

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