berliner szenen: Berlin oder Barcelona
Gerade als ich auf dem Balkon in der lauen Luft darüber nachsinne, dass ich eine schlechte Heilhaut habe, gehen unten zwei Drogis oder Alkis oder weiß der Geier vorbei und brechen in aufgedrehtes Entzücken über die kaputten Dreiräder aus, die in der Geben-und-nehmen-Kiste an meinem Haus entsorgt worden sind. Sie kriegen sich gar nicht mehr ein. Einfach so, wie Kinder.
Sie finden dann ein paar andere Kleinigkeiten zum Mitnehmen und ziehen weiter, mit ihren Beuteln an den Armen schlenkernd und in ihr Gefrotzel vertieft. Ich glaube, die beiden stützen die These, die kürzlich in der taz vertreten wurde, dass die meisten Menschen gut seien. Fände man nur öfter die Gelegenheit dazu. Das Pärchen hatte sie, man spürte ihre Vertrautheit, und schon klappt’s auch mit dem Gefrotzel.
Gegen meine leichten Bauchschmerzen hilft bestimmt ein Spaziergang durch das abendliche Berlin. Überall wird zusammengesessen und sich unterhalten. Aber manche fühlen sich nur wohl, wenn sie scheppernd Musik laufen lassen. Man hört sehr viel Spanisch, dabei schreibt Helge Schneider doch, dass Berlin doof sei und Barcelona toll.
An der Kottbusser Brücke umarmen und küssen sich welche. Der Mann sieht von hinten wie ein Redneck aus und die Frau wie eine konventionelle Blondine. Aber ihr Schmusen wirkt eher nicht wie sexy Getue – auch solche Leute haben Gefühle!
Schon tief im vornehmen Kreuzberg 61 stehen ein paar junge Männer um ein Auto mit abgeschaltetem Motor herum, und einer von ihnen erzählt, wallah, von seinem Erlebnis mit einer Pizza, auf der sich Maden tummelten. Aber irgendwie überzeugt die Story anscheinend nicht richtig, denn das anschließende Gelächter der Kumpels ist verhalten. Mein Bauchweh? Wie weg!
Katrin Schings
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