HAMBURGER SZENE VON ROGER REPPLINGER : Vom Umarmen
Ich stehe vor dem Bahnhof Sternschanze und warte auf eine Frau. Es ist Samstagabend und ich bin zu früh. Ich beobachte die anderen, die auch warten. Und was sie machen, wenn der erscheint, den sie treffen wollen. Frauen machen das anders als Männer. Das Umarmen. Frauen strecken, wenn sie Rechtshänder sind, den rechten Arm aus, und biegen ihn dann ab. Männer strecken nicht aus, sondern umarmen mit gebeugten Armen. Beim Küssen kann ich keine Unterschiede feststellen.
„Wenn ihr nicht bald kommt“, sagt der Junge in sein Mobiltelefon, „rauch ich den Joint alleine.“ Drüben, eine junge Frau: „Dammtor? Wieso Dammtor? Wir sind Sternschanze verabredet.“ Von McDonalds stinkt es rüber. Jungs mit Skateboards, Jungs mit Hosen so tief, dass sie komisch gehen. Männer klopfen sich beim Umarmen auf die Schulter oder auf den Rücken. Frauen streicheln. Jungs trinken Bier beim Warten, es wird viel telefoniert. Wenn der Wind günstig steht, und McDonalds in die andere Richtung stinkt, rieche ich Parfum.
Die Welt müsste so organisiert sein, dass die, die vergeblich warten, zusammen in die Schanze gehen, und nicht sauer nach Hause. Bei manchen Jungs sieht die Begrüßung aus wie der Beginn einer Schlägerei.
Ah! Jetzt hätte ich fast die Frau verpasst, auf die ich gewartet habe.