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Archiv-Artikel

8.000er Club ohne Zuwachs

Bei der Mehrkampf-Qualifikation in Ratingen enttäuschten die deutschen Zehnkämpfer. Altstars wollen den Nachwuchs in Zukunft unterstützen. Siebenkämpferinnen geben Anlass zur Hoffnung

„Es gibt tolle Typen mit Herzblut, von denen wir profitieren können“

VON HOLGER PAULER

Um den Mehrkampf im Land ist es nicht gut bestellt. Dies zeigte auch das Internationale Mehrkampf-Meeting am Wochenende in Ratingen. Die offizielle Qualifikation zur Leichtathletik Weltmeisterschaft in Helsinki Anfang August verlief erneut enttäuschend. Berets nach wenigen Disziplinen war schnell klar: Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) wird neben dem Berliner André Nicklaus wohl keinen weiteren Zehnkämpfer nach Helsinki schicken können. Der bis dahin zweitplatzierte Kölner Kenny Beele lieferte zum Auftakt des zweiten Wettkampftages über 110 Meter Hürden indiskutable 16,61 Sekunden ab, der Leverkusener Stefan Drews kam nicht über die Hürden und fiel aussichtslos zurück. Dennis Leyckes (ebenfalls Leverkusen) blieb unter der geforderten Norm von 8.050 Punkten. Immerhin: Sieger André Nicklaus stellte mit 8.193 Punkten eine neue Bestmarke auf.

„Wir können uns keine Hingsens und Busemänner backen“, sagte der frühere Weltklasse-Zehnkämpfer und WM-Dritte von 1993, Paul Meier, am Rande des Meetings. Um aber Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sich die Athleten „entfalten können“, gründete Meier am Samstag-Abend den „Club der 8.000er“. Der Club stehe für alle Athleten offen, die in ihrer Karriere jemals die ominöse 8.000er Marke übertroffen haben.

„Wir wollen die Tradition wieder heranholen. Da gibt es tolle Typen mit Herzblut, von denen wir profitieren können“, so Meier. Mittelfristiges Ziel soll es sein, dass ein deutscher Athlet bei der WM 2009 in Berlin mal wieder eine Medaille holt. Als letztes gelang dies dem Dortmunder Frank Busemann: Olympia-Silber 1996 und EM-Bronze ein Jahr später. „Endlich wird einmal etwas gemacht und nicht immer nur geredet“, kommentierte Busemann die Initiative Meiers. An der Gründungsfeier nahmen neben Busemann unter anderem Willi Holdorf, Olympiasieger von 1964 und Ex-Weltrekordler Kurt Bendlin teil.

Ein fertiges Konzept gibt es allerdings noch nicht. Patenschaften für junge Athleten, Job-Börsen, Verletzungsprävention und Leistungsdiagnostik zählen zu den Eckpunkten. Vor allem soll aber eher eine Art Community geschaffen werden – eher auf mentaler Ebene, jenseits von Zahlen und Daten. „Mich hat es damals motiviert, wenn mir ein Willi Holdorf auf die Schultern geklopft hat“, sagt Paul Meier. 78 größere und kleinere Holdorfs kämen für den Club in Frage, sagt Zehnkampf-Teamleiter Claus Marek. Als Gegenleistung sollen sie dann, „so wie im Golf, ein Sakko bekommen“, so Marek weiter.

Mangels Punktekraft vom 8.000er Club ausgeschlossen sind die Siebenkämpferinnen. Doch anders bei den Zehnkämpfern, gibt es hier ein Überangebot an WM-Kandidatinnen. Bereits im Vorfeld der Qualifikation hatten vier Siebenkämpferinnen die WM-Norm von 6.100 Punkten überschritten. Sonja Kesselschläger (Neubrandenburg), Katja Keller (Chemnitz), Christiane Schulz (Leverkusen) und Lilli Schwarzkopf (Paderborn). Am Sonntag übertraf auch die Münchnerin Katrin Ertl die WM-Norm – 6.163 Punkte reichten zum Platz zwei hinter der Australierin Kylie Wheeler.

Drei aus fünf heißt es also: Sonja Kesselschläger musste zwar in Ratingen verletzt aufgeben, dürfte aber ebenso wie Karin Ertl als Siegerin der internen DLV-Ausscheidung den Platz für Helsinki sicher haben. Die Leverkusenerin Christine Schulz musste zwar ebenfalls verletzt aufgeben. Die 21-jährige Aufsteigerin (6.199 Punkte in diesem Jahr) hat immerhin noch bei der U23-Europameisterschaft Mitte Juli in Erfurt die Möglichkeit, ihre Leistung aus den Frühjahr zu bestätigen – auch ohne 8.000er Club.