: Pullen sammeln lohnt sich wieder
Das Verbot der Pfandflaschenentnahme aus Kölner Mülltonnen wird heute wohl wieder aufgehoben. Für den Initiator der Proteste gegen die Straßenordnung ist das ein Erfolg, den Grünen reicht das nicht
VON SUSANNE GANNOTT
Die Kölner Stadtverwaltung wird dem Ausschuss für allgemeine Verwaltungs- und Rechtsfragen (AVR) heute vorschlagen, das Herausholen von Pfandflaschen aus Mülleimern nun doch zu gestatten. Der Initiator der „Aktion Hammelschreck“ gibt sich diplomatisch: „Es ist ein Kompromiss, den man annehmen kann“, findet Don Franco von den „Magic Street Voices“.
Gegen den strittigen Paragraph 7 der Kölner Straßenordnung hatte Franco mit seiner Aktion mehr als 250 Unterschriften gesammelt und im Beschwerdeausschuss seine komplette Streichung gefordert. Aufgeschreckt von den Protesten mehren sich inzwischen auch bei CDU und SPD die Stimmen, die den Passus für überzogen halten – obwohl sie die neue Straßenordnung erst im März verabschiedet hatten. Sogar CDU-Ratsherr Winrich Granitzka hält den Paragraphen jetzt für „überflüssig“. Ganz gestrichen werden soll er allerdings nicht, wenn es nach der Verwaltung geht: Wer andere Gegenstände als Pfand aus dem Müll fischt, muss weiter mit einer Geldbuße von bis zu 10 Euro rechnen. Trotzdem wäre Don Franco zufrieden, wenn die Neufassung vom Ausschuss angenommen wird: „Das war zwar nicht unsere Forderung, ist aber der Sache dienlich.“
Als „großen Mist“ bezeichnet dagegen der sozialpolitische Sprecher der grünen Ratsfraktion, Ossi Helling, die Verwaltungsvorlage. Es sei „absurd“, dass Kleidung, Zeitungen oder Essbares auch weiter nicht aus den Mülltonnen genommen werden dürfen. Die Grünen wollen daher der heutigen Sitzung einen anderen Vorschlag machen. Danach soll Paragraph 7 besagen, „dass Gegenstände, die aus dem Müll herausgenommen werden, nicht verstreut werden dürfen“, erklärt Helling. Dem müssten eigentlich alle zustimmen können, findet er, weil es ja angeblich nur um die Verschmutzung im Umkreis der Mülltonnen gehe. „Wer das nicht mitmacht, der entlarvt sich als jemand, dem es nicht um den Müll, sondern um kleinkarierte Schikanen gegen bestimmte Menschen geht.“
Ohnehin, findet Helling, hätte man den Protest gegen die „Sammelgeschichte“ eigentlich weiter fassen müssen. „Die Straßenordnung gehört allgemein entstaubt.“ Insbesondere das Verbot des „aggressiven Bettelns“ (Paragraph 12a) und von „Störungen in Verbindung mit Alkoholkonsum“ (Paragraph 12c) müssten kritisch hinterfragt werden. Wenn man Letzteres zum Beispiel Ernst nehme, „dürften in Köln keine Fußballspiele mehr stattfinden“. Dies sei aber offensichtlich nicht der Fall. „Und das liegt daran, weil die Ordnungskräfte nicht die Fußballfans im Auge haben, sondern die vermeintliche Problemgruppe der Obdachlosen.“
Dass es der Verwaltung tatsächlich vor allem um die Drangsalierung und Vertreibung von Berbern, Punks und anderen missliebigen Personengruppen geht, zeigt ein Blick in die Geschichte der Kölner Straßenordnung. In ihrer alten Fassung verbot sie noch in den 90er Jahren „Lärmen, Betteln und störenden Alkoholgenuss“. Aufgrund einer Gerichtsentscheidung musste dieser Passus im Jahr 2000 allerdings entschärft werden – Betteln und Alkoholtrinken im öffentlichen Raum dürfe nicht pauschal verboten werden, befand das Verwaltungsgericht Baden-Württemberg. So führten die Kölner den Begriff des „aggressiven Bettelns“ ein. Denn verzichten wollte man auf den „Tatbestand“ auf gar keinen Fall, wie die Verwaltung dem AVR damals erklärte. Es müsse in der Praxis möglich sein, „gegen Verhaltensweisen und Zustände einzuschreiten, die von Bürgerschaft, Geschäftsleuten und Touristen als störend empfunden werden“.