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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die Grünen verhalten sich suizidal und sind der FDP näher als ihnen lieb sein kann. Die Richtung fehlt. Höhere Steuern für Millionäre ersetzen kein Konzept für soziale Gerechtigkeit. Da werden auch keine Neuwahlen helfen

Von SR
Schon hat sich mit Koch, Stoiber, Merkel ein halbes Horrorkabinett inklusive Armen-Mann-in-die-Tasche-greifen-Steuergeoutet

Was war schlecht in der letzten Woche?

Viel Arbeit bei tollem Sommerwetter draußen.

Was wird besser in dieser?

Weniger Arbeit, schlechteres Wetter. Hm.

Am Freitag will Kanzler Schröder seinen Weg zu Neuwahlen darlegen. Nicht früher, weil dies dann zerredet werden könnte. Ist das ein kluge und durchhaltbare Strategie?

Koalitionsabgeordnete wie die grünen Werner Schulz und Hans-Christian Ströbele haben bereits deutlich gemacht, dass sie sich Ablehnung so wenig aufkommandieren lassen wie zum Beispiel bei der Afghanistan-Vertrauensfrage Zustimmung. Also wird sich Schröder intern sehr wohl früher erklären müssen.

Warum will Gerhard Schröder denn unbedingt Neuwahlen?

Will Schröder unbedingt Neuwahlen? Oder ist das die Option, die der Rest der Truppe dem amtsmüden Chef noch abgerungen hat? Im Ergebnis erspart diese Wende ein Jahr Agonie und zeigt eine andere Haltung als etwa die des späten Kohl. Sie hat aber die Spaltung der SPD beschleunigt und bringt alle, die an die eigenen Reformen aus Versehen geglaubt haben, um die Ernte der Früchte. Nein, dieser Abgang ist nur kulturell angemessen: Sponti spielt ’n Solo.

Ist Rot-Grün letztlich an sich selbst gescheitert?

Die Koalition scheitert am Scheitern. Inzwischen hätte sie bessere Aussichten, 2006 eine Wahl drehen zu können als jetzt: Schon hat sich mit Koch, Stoiber, Merkel ein halbes Horrorkabinett inklusive Armen-Mann-in-die-Tasche-greifen-Steuer geoutet. Rot-Grün hat kein Konzept für die Sanierung der Sozialversicherung und keine Haltung zur Rangordnung zwischen Wirtschaft und Politik. Sie haben sich vom Gegner die Spielweise aufzwingen lassen, unter munterem Zuruf aus Medien von Bild über Spiegel bis taz.

Die Grünen ziehen als linke moderne Partei in den Wahlkampf. Ist das Opportunismus, geschielt auf Lafontaine/Gysi – oder wollen die Grünen ihre Verwandlung in die FDP 2 stoppen?

Das Ende der Wehrpflicht, die Streichung der Kohlesubventionen – das ist ja fast so links wie die FDP! Sicher wird sich Basis und Restfraktionen stärker bemerkbar machen nach einem Machtverlust, deshalb kann man schon mal vorsichtig nach was-man-für-links-hält rudern. Eine „Millionärssteuer“ ersetzt kein klares Konzept für soziale Gerechtigkeit.

Egal ob Schröder oder Merkel die Wahl gewinnt – die Mehrwertsteuer scheint erhöht zu werden. Ist das richtig?

MwSt. kommt rund zur Hälfte den Ländern zugute – das ist erkennbar schon ein Beuteanspruch der Unions-MPs. Keynes würde postulieren, den Leuten das Kaufen zu erleichtern, und Neoliberale müssen gegen jede weitere Steuer sein. Die MwSt. ist also einer der ganz wenigen Fälle, die für keine Seite Sinn macht. Also wird sie kommen.

In Umrissen sind die Wahl-Programme von Union und SPD schon absehbar. Die etwa Union will das Rentenalter auf 67 erhöhen. Ist das nötig und gerecht?

Die SPD will das auch. Da man heute mit 50 ‚alt‘ ist, geht’s ausschließlich um eine Verringerung der Rentenansprüche. Nicht um Arbeit, die eh nicht da ist. Bismarcks Rentenzahlungen begannen übrigens mit dem 70. Lebensjahr, durchschnittliche Lebenserwartung damals knapp unter 40.

Politik hat in globalisierten Zeiten an Macht verloren hat – die Multis haben an Macht gewonnen. Warum trauen sich Politiker nicht, das zu sagen und versprechen unverdrossen den Abbau der Arbeitslosigkeit?

Das Mantra „Wir können keine Arbeitsplätze schaffen, sondern nur die Rahmenbedingungen“ ist doch zwischen den Parteien unbestritten – bis auf die extremen. Deshalb könnte man auf die Idee kommen, dann wenigstens Parteien zu wählen, die auf anderen wichtigen Feldern etwas zu bewegen versprechen. Aber das, in der Tat, trauen die Parteien sich selbst nicht. Vorneweg und damit suizidal die Grünen.

Und was macht die deutsche Fußballnationalmannschaft?

Klinsmann hat sich Bild nicht gebeugt, das lässt hoffen.

FRAGEN: SR