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Wenn abends um zehn selbst der Späti dicht ist

Weißenfels,

39.700 Einwoh­ner*innen.

Barocke Bauten sind es, die einem beim Besuch in der Stadt auffallen. Und ein Blutfleck, den man im Geleitshaus vom hier obduzierten Schweden­könig Gustav II. Adolf sehen kann.

Wollen Sie mal so richtig abhängen? Rein gar nichts tun, außer schlafen, mit dem Handy rumspielen, sich ausgiebig langweilen? Dann fahren Sie nach Weißenfels. Es gibt dafür keinen besseren Ort als diese Stadt im Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt.

Aber bringen Sie sich Brot, Käse, Chips und vor allem den Wein selber mit. Sollten Sie nämlich gegen acht Uhr abends dort aufschlagen, werden Sie kein Restaurant und keine Bar finden, wo Sie einen Saale-Unstrut-Wein (aus der Gegend), einen Aperol Spritz (von weiter her) oder ein Bier (gibt es eigentlich überall) bekommen. Geschweige denn etwas zu essen. In Weißenfels ist selbst der Späti um 22 Uhr dicht.

In dieser barock sanierten Mittelstadt lebt es sich sicher ganz prima. Wenn man dort eine Wohnung hat mit Kühlschrank, Weinkeller, Schokoladenlager – vollgepackt mit Vorräten, als befinde man sich in einem Prepper-Bunker. Die Lieferkette dürfte kurz sein, in Weißenfels hat der Fleischproduzent Tönnies einen Ableger, und der Schokoladentraditionalist Argenta verkauft seine Nougattüten und Brockensplitter aus Krokant mitten in der Stadt – aber halt auch nur tagsüber. Simone Schmollack