piwik no script img

Archiv-Artikel

„Angst vor Ämtern“

Beratungstage gewähren Einsicht in Stasi-Akten

Von YS
Dirk Radder

■ 52, ist Lehrer und seit 1992 in der Außenstelle der Stasi-Unterlagen-Behörde Rostock Sachgebietsleiter für Anträge, Ersuche und politische Bildung.

taz: Herr Radder, wieso kommen Stasi-Akten nach Hamburg?

Dirk Raddar: Wir bieten hier in Rostock schon länger Beratungen an und sind dann darauf gekommen, dass viele DDR-Bürger aus Rostock ja in Hamburg und Bremen gelandet sind. Ein paar haben aus ihrer Vergangenheit heraus aber Probleme, wenn nicht sogar Angst vor Ämtern.

Inwiefern denn Angst?

Na ja, für den Großteil ist es nun kein Problem, aber es gibt eben Menschen, die in der DDR in politischer Haft waren. Und die dermaßen fertig gemacht wurden, dass sie heute die Ämter meiden. Das sind Einzelfälle, aber eben diese sind der ursprüngliche Ausgangspunkt, weswegen wir das Ganze ins Leben gerufen haben.

Beraten Sie auch psychologisch?

Nein, aber wir leiten die Leute weiter. Es geht bei uns ja auch eher um Nachweise und Beratung. Wir helfen, Anträge zu stellen, nach weiteren Akten zu suchen und Opferrenten zu beantragen. Es gibt auch Zwangsadoptierte auf der Suche nach ihren leiblichen Eltern. Das Angebot kommt gut an. Viele sagen: „Ich hatte eh die Vermutung, dass ich bespitzelt wurde.“

Und wenn man es weiß, wie geht es weiter?

Na ja, dann hat man in erster Linie die Gewissheit, dass man damals nicht gesponnen hat und keinen Verfolgungswahn hatte. Andere wiederum bekommen einen Schrecken, wenn sie sehen, wie viel sie bespitzelt wurden. Manchmal sogar von Nachbarn und Freunden. Danach ist man auf sich selbst gestellt und muss sich überlegen, ob man andere damit konfrontieren will, oder nicht. INTERVIEW: YS

Informationstag „Wie kann ich meine Stasi-Akte einsehen?“: 10 - 17 Uhr, Metropolis Kino, Kleine Theaterstraße 10