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Archiv-Artikel

EU-Kooperation mit Libyens Polizei

Eine Delegation aus Brüssel handelt in Tripolis Eckpunkte für ein Abkommen zur Beamtenausbildung aus. Doch das bewilligte Geld ist knapp, und das nordafrikanische Transitland für Flüchtlinge hat die Genfer Konvention bis heute nicht unterschrieben

AUS BRÜSSELDANIELA WEINGÄRTNER

Vor diesen Bildern fürchten sich Politiker und Tourismusmanager gleichermaßen: Sommergäste im Bikini starren am Strand entsetzt auf die Leichen ertrunkener Flüchtlinge aus Afrika. Im Juni beauftragten die EU-Innenminister die Kommission damit, Maßnahmen gegen die Dauerkrise im Mittelmeer auszuarbeiten. Gestern berichtete der zuständige Kommissar Frattini von ersten Ergebnissen. Seine Beamten haben in Tripolis mit ihren libyschen Gesprächspartnern Eckpunkte für ein Kooperationsabkommen ausgehandelt.

Grenzbeamte und Polizisten sollen gemeinsam ausgebildet und libysche Beamte in EU-Projekte eingebunden werden. Diederik Kramers vom UNHCR in Brüssel erinnerte gestern daran, dass Libyen bis heute die Genfer Flüchtlingskonvention nicht unterzeichnet hat. Kommissar Frattini hatte erklärt, als Voraussetzung für die Zusammenarbeit reiche die Flüchtlingskonvention der Afrikanischen Union. „Die afrikanische Konvention ist als regionales Instrument sehr wichtig. Doch es genügt nicht, dass Libyen sie unterzeichnet, es muss sie auch umsetzen“, sagte Kramers der taz. Außerdem müsse endlich sichergestellt werden, dass der UNHCR vor Ort unabhängig arbeiten könne. „Wir wären sehr dankbar, wenn uns die Europäische Union unterstützt.“

Libyen ist nur einer der Küstenstaaten, von denen aus Flüchtlinge auf oft untauglichen Booten die lebensgefährliche Reise nach Europa antreten. Doch als Transitland ist es besonders attraktiv, da sowohl der lange Küstenstreifen als auch die südliche Wüstengrenze schwer zu überwachen sind. Die EU-Länder verlangen im Austausch für Entwicklungshilfe Unterstützung bei der Abwehr illegaler Einwanderer. In der Praxis allerdings überwinden gerade kriminelle Menschenhändler diese Hürde leicht, indem sie vor Ort Polizisten bestechen.

Die Motive der Politiker, die das Thema nun weiter oben auf die Tagesordnung setzen, sind sicher gemischt. Während einige erschüttert über die menschliche Katastrophe sind, die sich vor Europas Haustür abspielt, fürchten andere nur um das Image einer EU, die zynisch zusieht, wie Flüchtlinge ertrinken. Außerdem kosten Küstenschutz, Rettungs- und Rückführungsmaßnahmen die Mitgliedsländer jedes Jahr Milliarden.

Angesichts dieser Situation sind die 6,2 Millionen Euro, die die Kommission heute bereitstellen will, ein Tropfen auf den heißen Stein. Es sind wieder die Mitgliedsstaaten, die hier an der falschen Stelle sparen. Die EU-Kommission hatte in ihrem Entwurf für die nächste Finanzplanung fast eine Milliarde Euro jährlich für Flüchtlingspolitik, Grenzschutz, Rückführung und Umsiedlung einplanen wollen.