: Bestrickende Feuerlöscher
„Treppenspiel“ heißt die abgespeckte Variante des vernachlässigten Segments „Kunst im öffentlichen Raum“
Hamburg war einer der Vorreiter der Idee und lange Zeit berühmt für sein Programm von „Kunst im Öffentlichen Raum“. Doch der Etat für diese Sorte von Kunst, die auch außerhalb ihrer angestammten Schutzräume bestehen kann, schmolz seit Jahren zusammen. Aber abgesehen von der so genannten HafenCity, für die ja alles gut und teuer ist, wurde dieser irgendwie wohl sozialdemokratische, schwerpunktmäßig in Hamburg, Bremen und Berlin praktizierte Kunstansatz von einer anders gepolten Politik nicht sonderlich geliebt.
Auch die Künstler schienen sich wieder mehr für eine Karriere innerhalb der Institutionen und für das Tafelbild zu interessieren. Aber nun im April wurde in Hamburg nicht gegen die gleichlautende Abteilung in der Kulturbehörde, aber eben doch zurückgeholt in eigene Künstlerinitiative „KiöR“ gegründet, ein Verein zur Förderung von Kunst im öffentlichen Raum.
Als dessen erstes Projekt hat der Künstler und Kurator Ulrich Mattes eine begrenzte Halböffentlichkeit ins Visier genommen, einen Zwischenraum zwischen Privat und Allgemein. Vielleicht ist Kunstinteresse ja ohnehin in übertragenem Sinne in diesem Bereich angesiedelt, aber ganz konkret geht es ihm und den beteiligten 24 KünstlerInnen um Treppenhäuser, jene Durchgangsorte, an denen sich ein Zwischenreich von Innen und Außen, von „Wir-Gefühl“ und Abgrenzung manifestiert.
Zwölf Aufgänge in Einzelhäusern und Großwohnanlagen wurden im ersten Teil des Projekts „Treppenspiel“ ausgewählt und mit teils kooperativ erarbeiteten, teils gesetzten Interventionen versehen. So hat Sabine Kramer Bewohner nach ihren Arbeitswegen befragt und daraus ein Stahlrelief entwickelt. Julia Münz bot eine Lesung durch die Wechselsprechanlage, Matthias Anton gibt Faltanweisungen für Werbemüll und Patricia Waller hängte einen originalgroßen, aber verwirrenderweise gestrickten Feuerlöscher auf.
Für jeden zugänglich sind von allen Arbeiten nur die Wandzeichnungen von Jutta Konjer im Parkhaus Hanseviertel, der Besuch der übrigen Orte muss telefonisch koordiniert werden. Aber auch organisierte Besichtigungsfahrten mit dem Bus, die im Spätsommer wieder aufgenommen werden, sind fester Bestandteil des Projektes, das im August noch um zwölf weitere Orte erweitert wird.
Diese bis fast vor die Wohnungstüren gebrachte Kunst versteckt sich nicht im Atelier, sondern gewinnt, auch von der Kulturbehörde unterstützt, offensiv neue Kunstfreunde. Doch so wichtig kleine und spezielle Aktionen auch sind: Es ist wie die Sparvariante einstigen Glanzes in diesem Thema. Denn mittels der aus dem Programm „Kunst am Bau“ mit seinen festen Anteilen zu überführender Gelder konnte früher für Kunst im öffentlichen Raum verbindlich eine Million Mark pro Jahr investiert werden. Hajo Schiff
„Treppenspiel – Zwölf Kunstwerke für zwölf Treppenhäuser in Hamburg“: Erster Teil bis Oktober, zweiter Teil ab August. Projektübersicht im Treppenhaus Friedensallee 5 (Zeisehallen) Mo–Fr 10–17 Uhr. Info unter www. kioer.de. Anmeldung zur Besichtigung unter Tel.: 8 99 75 13