: Linke will Platz an der Sonne
Bis zur Linkspartei ist es in Berlin noch ein weiter Weg. WASG-Vorstand Müller fordert im taz-Interview aussichtsreiche Listenplätze und Direktkandidaturen von der PDS. Heute erstes offizielles Treffen
VON MATTHIAS LOHRE UND ULRICH SCHULTE
Vor der Gründung eines Linksbündnisses auf Landesebene stellt die WASG Forderungen an die PDS. „Als Partner hätten wir Anspruch auf zwei aussichtsreiche Listenplätze“, sagte Dietmar Müller, Mitglied im geschäftsführenden WASG-Landesvorstand, gestern der taz. Heute Nachmittag wollen sich Vertreter beider Parteien erstmals offiziell treffen, um über eine Kooperation und den anstehenden Bundestagswahlkampf zu reden.
Im Falle des gemeinsamen Wahlkampfes müsse auch über Direktkandidaten geredet werden, sagte Müller weiter. „Verhandelbar wären Direktkandidaturen der WASG in bestimmten Wahlkreisen, zum Beispiel in Mitte, Pankow oder Friedrichshain-Kreuzberg.“ PDS-Landes- und Fraktionschef Stefan Liebich, der in Pankow um einen Sitz im Bundestag kämpfen will, sei durch die neoliberale Politik des rot-roten Senats belastet.
Liebich selbst hatte der WASG allenfalls die Plätze 6 und folgende auf einer offenen Landesliste offeriert. Diese gelten als aussichtslos. Auch die interessanten Direktkandidaturen hat die PDS bereits unter sich ausgemacht: Neben Liebich in Pankow sind Gregor Gysi in Treptow-Köpenick, Petra Pau in Marzahn-Hellersdorf, Gesine Lötzsch in Lichtenberg und Bezirksbürgermeisterin Cornelia Reinauer in Friedrichshain-Kreuzberg gesetzt. Bei diesem Modell blieben den WASGlern nur chancenlose Kandidaturen im Westteil der Stadt.
Sind die Differenzen im anstehenden Wahlkampf offensichtlich, so scheinen sie auf Landesebene unüberbrückbar: Die WASG kritisiert den „neoliberalen Kurs“ (Müller) der hiesigen PDS, hat auf ihrem Parteitag entschieden, eigenständig zur Abgeordnetenhauswahl 2006 anzutreten, und übt sich in Dialektik. „Wir versuchen die Bundestagswahlen von der Situation hier zu trennen“, sagt Vorstand Müller.
Die entscheidenden Köpfe der PDS halten wiederum die inhaltlichen Positionen der WASG für illusorisch. Zum Beispiel den Vorschlag, in Berlin 100.000 öffentlich geförderte Jobs zu schaffen. „Wenn mir die Kollegen einen realistischen Vorschlag machen, wie das gehen soll, sage ich: Danke. Aber bisher habe ich einen solchen Vorschlag nicht gehört“, sagte PDS-Arbeitssenator Harald Wolf gestern der taz. Die Kooperation mit der WASG sieht er kritisch: „Wesentliche Akteure der Berliner WASG haben sich an Aktionen gegen die PDS beteiligt.“ Das mache die Zusammenarbeit komplizierter als in anderen Bundesländern. Einige Mitglieder der jetzigen WASG haben sich im vergangenen Jahr maßgeblich für ein Volksbegehren zur Abwahl des rot-roten Senats eingesetzt.
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