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Archiv-Artikel

Beim Confederations Cup ist nicht viel passiert

Politiker und Verantwortliche ziehen eine positive Bilanz des Confederations Cup: Sicherheitskonzept habe sich bewährt. Fans kritisieren dagegen polizeiliche Willkür und Kommerzialisierung. Kein Test für die WM 2006

DÜSSELDORF taz ■ Die Generalprobe für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 ist gelungen. Das glaubt zumindest Nordrhein-Westfalens neuer Innenminister Ingo Wolf (FDP). „Wir hatten alles fest im Griff.“ Der am Mittwoch zu Ende gegangene Confederations Cup sollte dabei vor allem als Testlauf für das WM-Sicherheitskonzept dienen. In NRW wurden während des Turniers insgesamt elf Strafdelikte festgestellt – überwiegend Diebstahl und Betrug. Die drei Spiele im FIFA-WM-Stadion Köln sahen insgesamt 120.000 Zuschauer.

Bei den 16 Spielen Confederations Cup wurden bundesweit insgesamt 56 Straftaten registriert. „Das sind weniger als an einem Bundesliga-Wochenende“, sagte der Leiter der Zentralen Informationsstelle für Sporteinsätze (ZIS) beim nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt, Michael Endler. Während des Confederations Cups waren in der ZIS-Zentrale 52 Beamte für das Sammeln und Auswerten von Informationen zuständig. Deren Zahl soll bei der WM auf mindestens 130 aufgestockt werden.

Die ZIS ist bundesweit für die Polizeieinsätze im Rahmen von Fußballspielen zuständig. In ihrer „Datei Gewalttäter Sport“ sind derzeit 6.200 Fußballfans registriert. Diese wiederum ist Grundlage für die Erteilung von Stadionverboten durch den DFB – momentan sind davon rund 2.370 Fans betroffen.

Im Visier stehen dabei vor allem die so genannten „Ultras“. Ein kleiner Teil dieser Szene bekennt sich auch offen dazu gewalttätig zu sein, dennoch wird die gesamte Ultra-Bewegung kriminalisiert. Zu Beginn des Confederations Cup demonstrierten 1.500 Fans, vor allem aus der Ultras-Szene, gegen „Polizeiwillkür und Repressionen“ und „zunehmenden Kommerz!“

Auch Heino Hassler vom Fanprojekt Nürnberg sieht die Entwicklung kritisch. Es habe bereits ein Austausch des Publikums statt gefunden. „Gut Dreiviertel sind nur wegen des Events da.“ Im Vorfeld des Confederations Cup hatten Ultras versucht Kontakt zu den Organisatoren aufzunehmen, um auf ihre Belange aufmerksam zu machen – ohne Erfolg. Ein Treffen mit Innenminister Otto Schily (SPD), bei dem die Fan-Vertreter verdeutlichten, dass sie der Confederations Cup nicht interessiere, habe den Minister „überrascht“, so Hassler. „Die Verantwortlichen haben ein falsches Bild von der Veranstaltung.“

Während zu den Spielen des Conferations Cups kaum auswärtige Fans angereist waren und somit auch kein wirkliches Konflikt-Potential entstand, rechnet zum Beispiel die englische Botschaft für die Fußball-WM 2006 mit mindestens 100.000 englischen Fans. „Die Engländer kennen genug inoffizielle Wege, um an die Tickets zu kommen“, sagte Hassler. Erst dann werde das System erstmals richtig auf die Probe gestellt.

Nur zum Teil getestet wurden auch die umstrittenen RFID-Funk-Chips auf den Eintrittskarten. Diese kamen nur bei den Spielen in Frankfurt zum Einsatz. Die Sicherheitsbeamten haben mit Hilfe der RFID-Technik ständigen Zugriff auf etliche personenbezogene Daten der Stadionbesucher. Richtig ausgefeilt scheint die Big-Brother-Technik dabei noch nicht. „Die Tickets sind so groß, die passen in keine Hosen- oder Jackentasche“, sagt Hassler. HOLGER PAULER