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Julian Csép schaut verwundert auf Toilettenknacker an stillen ÖrtchenMittelalte Männer mopsen Münzen

Viele nutzen die Berliner City-Toiletten aus ganz unterschiedlichen Gründen: Manche wechseln hier ihre ­Hygieneprodukte, wickeln das Kind und wiederum andere nutzen sogar die Toi­lette. In manchen Fällen werden sie aber auch genutzt, um sich den ein oder anderen Euro, beziehungsweise 50 Cent, dazuzuverdienen.

So wie der 47-jährige Mann, den die Polizei Anfang der Woche festnahm. Beim Versuch, das Münzfach einer Berliner City-Toi­lette zu knacken, wurde er erwischt. Bei einer anschließenden Untersuchung des Tatverdächtigen stellten die Beamten „Münzen und mutmaßliches Einbruchswerkzeug“ fest, wie einer Polizeimeldung vom Dienstag zu entnehmen ist.

Dies scheint bei Weitem kein Einzelfall zu sein. Denn bereits im Februar wurden aus selbigem Grund Haftbefehle gegen vier Männer mittleren Alters erlassen. Ihnen wird vorgeworfen, mehrfach Geld aus den City-Toiletten entwendet zu haben. Während drei der fünf Tatverdächtigen an der Oberbaumbrücke „auf frischer Tat“ erwischt wurden, nahmen die Beamten tagsüber, aufgrund „intensiver Ermittlungen“, zwei weitere vermeintlich an den Einbrüchen beteiligte Verdächtige fest.

Gegenüber der taz erzählt die Pressesprecherin der Wall GmbH, die die Toiletten in Berlin betreibt, dass es seit Dezember letzten Jahres vermehrt zu Einbrüchen bei ihren Toiletten gekommen sei. Seit Anfang 2021 seien es bis jetzt 2.300 Fälle von Einbrüchen. Die Täter knacken das Münzfach entweder aus dem Inneren der Toilette auf oder hebeln es von außen, mit einem Schraubenzieher zum Beispiel, auf. Dieses Jahr sei es aber so schlimm wie noch nie: „Wir haben pro Woche 200 bis 400 Einbrüche bei unseren Berliner City-Toiletten“, so die Pressesprecherin. Ein Problem, das an anderen Standorten Deutschlands in diesem Ausmaß nicht vorkomme.

Was waren die Motive, aus denen die Verdächtigen gehandelt haben könnten? Ging es um plumpe Beschaffungskriminalität, sind bei Optimierungsversuchen von Hobbyhandwerkern plötzlich Münzen aus dem Fach gefallen oder handelt es sich gar um eine Protestaktion?

Klar ist nur, dass die Reparaturkosten laut Wall GmbH pro City-Toilette etwa im vierstelligen Bereich liegen. Kosten, die das Land Berlin übernimmt. Da wäre es vielleicht eine kostengünstige Alternative, einfach auf die Nutzungsgebühr von 50 Cent zu verzichten. So wie es ohnehin schon von mehreren Berliner Bündnissen, wie dem Buschfunk Bündnis, gefordert wird.

Möglich wäre es, denn andere Metropolen wie Paris machen es bereits vor. Dort sind, seit 2006, alle öffentlichen Toiletten kostenfrei.

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