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Archiv-Artikel

„Die Maut für alle Straßen ist zwingend“

Verkehrsökologe Udo Becker fordert die Ausweitung der Gebühr. Wer mehr Schaden verursacht, soll mehr zahlen

taz: Ist die Maut für den zunehmenden Verkehr auf Bundesstraßen verantwortlich oder hat der Verkehr allgemein zugenommen?

Udo Becker: Wenn man sagt, der Lkw-Verkehr ist für die Mehrzahl der Straßenschäden verantwortlich, dann gilt das selbstverständlich überall. Ich kenne keinen Wissenschaftler, der gesagt hat, nehmt die Maut nur auf eine Straßenkategorie. Wenn man solche Einschränkungen macht, ist es völlig klar, dass es Ausweichverkehr gibt. Ich bin mir sicher, dass es nicht die große Menge der Lkws betrifft, aber es reicht eben, wenn in einer Stunde 30 mehr vorbeikommen. Das nehmen Sie in ihrem Haus definitiv wahr. Ob die zu dem neu eröffneten Kieswerk fahren, das kann ich ja nicht unterscheiden. Man kann nicht sagen, dass das alles wegen der bösen Maut ist. Also die Ausdehnung auf alle Straßen ist schon mal zwingend.

Ist die Maut geeignet, den Verkehr auf die Schiene zu lenken?

Die Maut ist ein sehr gutes Instrument. Es kann aber nicht nur darum gehen, Geld für Straßenschäden zu holen. Man müsste sich auch um Lärm, Abgase, Sicherheitsfragen kümmern. Wer viermal so viel Abgase produziert, müsste auch viermal so viel zahlen. Dieses Prinzip muss für alle Verursacher gelten – auch für die Pkws.

Was halten Sie von der Einführung einer Pkw-Maut?

Pkws blasen noch mehr CO2 in die Luft als die Lkws, nehmen mehr Straßenfläche in Anspruch. Wenn wir Ressourcenbeanspruchung nicht mit einem Preis versehen, wird es Vergeudung. Ich höre immer, dann ist Autofahren nur noch für Reiche. Für Kaviar und Sekt werden aber auch sehr hohe Preise verlangt.

Was halten Sie von der Verkehrspolitik der Regierung?

Mit all den schönen Ansätzen, die man sich vorgestellt hat, ist man unterm Strich eigentlich gescheitert. Man kann nun sein Haupt in Asche hüllen, es läuft aber komplexer. Es sind zumindest mal Leute für das Thema sensibilisiert worden. Der Bewusstseinsstand ist jetzt ein ganz anderer als vorher – es werden nicht mehr alle Wünsche der Autobahnplaner erfüllt. Ich hätte mir aber sehr viel mehr gewünscht. Wichtig wäre Akzeptanzarbeit und langfristige Aufklärung.

INTERVIEW: FABIAN KRÖGER