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berliner szenenEinmal Nudeln für den Abend

An der Supermarktkasse steht ein kleines Mädchen vor meiner Tochter und mir. Sie ist höchstens zehn Jahre alt und hat in ihrem Einkaufswagen Grundnahrungsmittel wie Mehl, Nudeln und Wasser. Beim Bezahlen kramt sie aus ihrem Kinderportemonnaie Münzen heraus. Fünfzig-Cent-Stücke, Zwanzig-Cent-Stücke, Zehn-Cent-Stücke, selbst Fünf-, Zwei- und Ein-Cent-Münzen. Sie braucht ewig, den Betrag abzuzählen. Am Ende gibt sie auf und reicht der Verkäuferin alle Münzen. Die zählt routiniert und meint: „Das reicht nicht.“ Das Mädchen sieht sie nur groß an. Es ist unklar, ob sie die Verkäuferin nicht versteht oder es ihr einfach so peinlich ist, dass es ihr die Sprache verschlägt. Als das Mädchen nicht reagiert, scannt die Verkäuferin ohne weitere Erklärung eine von zwei Packungen Nudeln zurück. Doch das Geld reicht noch immer nicht. Die Verkäuferin sieht das Mädchen an: „Du musst noch eine Sache zurückgeben.“ Das Mädchen rührt wieder keine Miene.

Ich frage schnell: „Wie viel fehlt denn?“ Die Verkäuferin guckt sich erstaunt um: „99 Cent.“ Ich krame nach einem Euro und reiche ihn rüber. Sie bedankt sich, als hätte ich ihr den Euro geschenkt und meint zu dem Kind: „Das nächste Mal musst du mehr Geld mitnehmen. Aber jetzt ist es okay.“ Das Mädchen packt schnell die Einkäufe ein und geht.

Ich denke daran, wie peinlich es mir als Kind war, von meiner Mutter, die als Studentin nur wenig Geld hatte, am Monatsende auf dem Dorf, in dem wir lebten, losgeschickt zu werden, um die Nachbarn um Eier oder Milch zu bitten. Meine Tochter wiederum ist empört: „Sie hat nicht mal danke gesagt!“ Ich lächle: „Das ist doch egal. Hauptsache, sie hat heute Abend etwas zu essen.“ Meine Tochter kann mir nicht folgen. Und ich bin froh darüber.

Eva-Lena Lörzer

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