: Wenn nachbarschaftlich Endzeitstimmung herrscht
Hamburg-Wilhelmsburg
53.000 Einwohner.
Mit Elbinsellage ist Wilhelmsburg eigentlich in einer tollen Lage am Wasser. Bei Sturmfluten kann das Wasser allerdings recht zudringlich werden.
Das Blaulicht spiegelt sich in den Fensterscheiben. Blechern ist eine Lautsprecherdurchsage zu hören: „Achtung, Achtung. Hier spricht das Bezirksamt Hamburg-Mitte. Es besteht die Gefahr einer schweren Sturmflut.“ Endzeitstimmung. Der Wagen fährt an einer runtergekommenen Häuserzeile vorbei. Die Menschen hier schützt nichts vor dem Wasser. Sie leben auf der falschen Seite des Deichs.
„Schützen Sie Ihr Eigentum“, sagt der Mann. Ich wohne in Wilhelmsburg direkt hinter dem Deich. Wird mein Keller volllaufen? „Dann würden wir auch bei Ihnen in der Straße fahren“, sagt der Mann vom Bezirksamt aus dem Auto heraus. Ich räume in dieser Nacht nicht den Keller leer – und wundere mich am nächsten Morgen über den Trubel im Treppenhaus.
Nachbar*innen organisieren Eimer, basteln Sandsäcke aus Jutebeuteln. Kurz darauf hocke auch ich mit Kehrblechen im Elbwasser und schippe es in Eimer. Stundenlang. Über Risse im Boden drückt die Flut stetig Wasser nach. Immerhin passiert ganz nebenbei, was immer passiert, wenn sich die Natur unbeherrschbar zeigt: Alle helfen. Und ich kenne nun die Nachbar*innen mit Vornamen. Andrea Maestro
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