: BürgerEnergie Berlin
Die Genossenschaft hat Großes vor und will mithilfe der BürgerInnen Berlins das Berliner Stromnetz kaufen
■ Die nächste Berliner NetzNacht
mit Musik und Informationen zur Genossenschaft findet am 17. 7. um 19 Uhr in der Kulturfabrik in der Lehrter Straße 35 statt.
■ Weitere Informationen zur Genossenschaft finden sich auf der Webseite von BürgerEnergie Berlin:
Luise Neumann-Cosel hat eine Vision: „Energiepolitik kann anders aussehen“, sagt das Vorstandsmitglied der Energiegenossenschaft „BürgerEnergie Berlin“ (BEB). Dieses „anders“ beschreibt Neumann-Cosel so: Anstatt nur auf Rendite zu achten, müsse in der Energielandschaft mehr Wert auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit gelegt werden. Der Weg zu einer umweltfreundlichen und nachhaltigen Energiepolitik ist für die Umwelt-Aktivistin klar: Die BürgerInnen müssten bei energiepolitischen Fragen mitentscheiden dürfen.
Um das zu erreichen will die Genossenschaft mithilfe der BürgerInnen Berlins das Berliner Stromnetz kaufen. Für die BEB sind die Vorteile einer Energieversorgung in BürgerInnenhand deutlich: Zum einen würden Gewinne nicht mehr an private Unternehmen fließen, sondern der Region und den BürgerInnen zugutekommen. Für ein Land wie Berlin, das knapp bei Kasse ist, wären das zusätzliche finanzielle Mittel. Zum anderen hätten die BürgerInnen auf diese Weise direkten Einfluss auf die Energiepolitik. So könnten sie sich zum Beispiel dafür einsetzen, dass das erwirtschaftete Geld für Energiesparprogramme und die Förderung erneuerbarer Energien ausgegeben wird. „Am Ende hätten alle etwas davon“, sagt Neumann-Cosel.
Der Plan das Stromnetz zu kaufen kommt zur rechten Zeit: Gerade läuft das Konzessionsvergabeverfahren für das Berliner Stromnetz. Ihre Bewerbung reichte die Genossenschaft im April ein. Diese wird nun vom Senat geprüft. Die Genossenschaft rechnet sich gute Chancen aus. „Das Verfahren lässt viel politischen Spielraum“, sagt Neumann-Cosel. In der Tat müssen die BewerberInnen zwar ein gewisses Eigenkapital mitbringen und garantieren, das Stromnetz verlässlich betreiben zu können. Am Ende entscheidet aber der Senat, wer den Zuschlag bekommt. Sollte die BEB gewinnen, könne das Signalwirkung auf den Rest des Landes haben, sagt Neumann-Cosel. Schließlich sei das Stromnetz Berlins das größte der Bundesrepublik.
Und so stehen bei der BEB zwei Punkte ganz oben auf der Tagesordnung: Einerseits kümmert sich die Ende letzten Jahres gegründete Genossenschaft darum, genug Geld für den Kauf und den Betrieb zusammenzubekommen. 2,2 Millionen Euro hat die Genossenschaft über die vergangenen sechs Wochen gesammelt. Wie viel Geld noch gebraucht wird, ist offen. Der derzeitige Stromnetzbetreiber Vattenfall hält Daten wie diese noch zurück.
Die Genossenschaft versucht derweil eifrig neue Mitglieder zu gewinnen und den politischen Druck auf den Senat zu erhöhen. Bei Gesprächen mit VertreterInnen aus der Politik, zeigen sich einige durchaus angetan von der Genossenschaft: „Wir sind froh über jeden neuen Verbündeten, der die Energiewende in Berlin vorantreiben will“, sagt Bettina Jarasch, Vorsitzende des Landesverbandes der Grünen in Berlin. Über die ökologische Ausrichtung hinaus sei ein weiterer Pluspunkt für die Grünen, dass die BEB aus Berlin ist. Sollte sie den Zuschlag bekommen, blieben die Gewinne aus dem Stromnetz in der Region. Die Linke Berlin hingegen lobte, dass die BEB mit ihrem Ansatz einen Beitrag zum Umbau der Stromnetze hin zu einer dezentralisierten Energieversorgung leiste. Generell sei man bei der Linken für eine Kontrolle der Stromnetze durch die BürgerInnen, sagt Pressesprecher Thomas Barthel.
Ein weiterer bedeutender Verbündeter der BEB ist der Berliner Energietisch, mit dem die Genossenschaft eng zusammenarbeitet. Dieser setzt sich für ein kommunales Stadtwerk ein. Um das Stadtwerk zu realisieren, setzt der Energietisch Berlin auf ein Volksbegehren. Die für die erste Stufe nötigen 20.000 Unterschriften hat die Initiative bereits gesammelt. Weitere wichtige Kooperationspartner sind der BUND und Ökostromanbieter wie EWS Schönau, Greenpeace Energy und Naturstrom.
Wer der BEB beim Kauf des Stromnetzes unterstützen will, kann das auf verschiedene Weise tun. Vor allem freut sich die Genossenschaft über neue Mitglieder. Mit einem einmaligen Beitrag von 500 Euro kann man Mitglied werden und Anteile erwerben. Wer lieber erst abwarten möchte, ob der Netzkauf klappt, kann seine Geld auch auf ein Treuhandkonto überweisen. Diese Gelder werden erst dann in Genossenschaftsanteile umgewandelt, wenn die BEB das Stromnetz kauft, andernfalls werden sie zurückgezahlt. Alle Mitglieder werden später an den Gewinnen beteiligt, die durch den Betrieb des Stromnetzes erwirtschaftet werden. Darüber hinaus freut sich die Genossenschaft auch über Leute, die ins Team einsteigen: Info-Stände durchführen, Netzkauf-Partys oder Veranstaltungen organisieren. „Wir müssen der Politik zeigen, dass wir viele sind“, appelliert Neumann-Cosel.
LUKAS DUBRO