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Youtube-Prophet sorgt für Furore

Im Libanon verbreitet der selbst ernannte Gesandte Gottes und „Ching Hai“-Anhänger krude Thesen in den sozialen Medien

Aus Beirut Julia Neumann

„Essen Sie bei Kentucky Fried Chicken oder mögen Hühnchen generell? Falls ja, dann wird es Sie ‚umbringen‘. Keine Sorge, Sie werden nicht ins ‚Höllenfeuer‘ kommen, denn das ist für die ‚Heiligen‘ bestimmt. Sie aber, liebe Hühnerfleisch-Esser, sind die ‚Niedersten der Niedrigen‘ und werden deshalb ein neues Leben führen: als Huhn, das von Menschen getötet wird.“

So lautet die Prophezeiung des Libanesen Nashat al-Nour, der sich selbst als „al-Hakim“ (der Weise) Nashat Munther bezeichnet und behauptet, ein von Gott gesandter Bote zu sein. Der selbst ernannte Gesandte möchte die Menschheit vor der Zerstörung retten. In Videos auf Youtube hält er einen Stock, der vor Krankheiten schützen soll, und zeichnet sich Symbole in roter Farbe auf die Stirn, angeblich das „Siegel der Prophezeiung“.

Sein Auftreten bescherte ihm über 11.000 Abon­nen­t*in­nen auf Youtube, viele Klicks sowie Memes und Kommentare, die ihn als „Propheten“ verspotten. Das wiederum brachte ihm nun die Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden ein. Die Generaldirektion für Staatssicherheit im Libanon verhaftete ihn diese Woche. Sie wirft ihm Missachtung der Religion und Beleidigung Ägyptens vor. Die Religionsbehörde Dar al-Fatwa hatte Anzeige gegen ihn erstattet, woraufhin die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren einleitete.

In einem Video hatte der Libanese Ägypten attackiert und erklärt: „Die Ägypter*innen, die mich gestern verflucht haben, sind dieselben, die gegen Moses und Josef und andere gekämpft haben.“ Er warnte: „Sie werden in Ihrem großen Land Erdbeben ausgesetzt sein, aus Zorn des Himmels.“ Seine Kommentare gegen Ägyp­te­r*in­nen bescherten ihm noch größeren Spott auf Youtube, Facebook und Twitter. Zahlreiche Facebook-Seiten und Gruppen bildeten sich, denen Tausende Menschen folgen – darunter viele Ägypter*innen.

Sie machten sich lustig über den „Propheten“, der sie von ihrer Religion auszuschließen versuche. Sie editierten und kürzten seine Videos, dichteten ihm an, Wunder zu vollbringen oder neue Koranverse zu verfassen, und zogen so Parallelen zum Islam und Christentum. Das erst spülte das Thema in arabische Timelines und machte den Boten zum Trend. Auf einmal gab es eine wunderbare Projektionsfläche für indirekte Kritik an den Weltreligionen und hitzige Diskussionen über das Prophetentum entstanden.

Auf dem Höhepunkt der Kontroverse hatte die größte Fake-Facebookgruppe über 50.000 Mitglieder. Doch nach der Anklage der Religionsbehörde wurde sie geschlossen. Womöglich fürchten sich die spottenden Mitglieder vor einer Klage seitens Munthers. Die Staatsanwaltschaft wird es schwer haben, zwischen dem Original und den Fake-Verkündungen zu unterscheiden.

Die handfeste Grundlage für eine Anklage bietet das libanesische Strafgesetzbuch. Wer An­hän­ge­r*in­nen von religiösen Gruppen zu Konflikten aufstachelt oder religiöse Riten beleidigt, kann demnach bis zu drei Jahre ins Gefängnis kommen.

Gesicherte Informationen über den Youtube-Prediger gibt es nicht. In den sozialen Medien wird behauptet, er habe als Trommler in einer Band im Libanon gearbeitet. Manche munkeln, er sei selbst Ägypter, der 2010 in den Libanon geflohen sei. Auf seiner Facebookseite gibt der Mann an, in Hamburg zu leben. Festgenommen wurde er jedoch in Beirut.

Bekannt wurde er durch Carmen Schammas, eine libanesische Astrologin, die mit Horoskopen Zehntausende Fol­lo­wer*­in­nen auf ihren Kanälen gewinnen konnte. Sie stellte Munther auf Youtube als „der weise Mann“ und „die Herrlichkeit des Lichts“ vor.

Wie es sich für Gesandte Gottes gehört, hat er eine Geschichte übernatürlicher Herkunft: Das „göttliche Licht“ habe den Himmel bedeckt, als er von einer Reise aus einem westlichen Land – wahrscheinlich Deutschland – in den Libanon kam. Der „Gesandte der Venus“ soll die Menschheit vor „den vielen Problemen retten, mit denen die Welt konfrontiert ist“, unter anderem vor Kentucky Fried Chicken.

Die „Religion“, auf die sich der „Gesandte“ bezieht, heißt Ching Hai. In dessen Zentrum steht das „innere Licht“, das durch Meditation erreicht werden soll. Der Kult ist benannt nach einer vietnamesischen Spirituellen und Geschäftsfrau, die eine geschätzte Anhängerschaft von zwei Millionen Menschen weltweit hat.

Die vermögende Unternehmerin Ching Hai besitzt ein Modeunternehmen und die vegane Restaurantkette „Loving Hut“. Diese zählt mehr als 200 Filialen in den USA, Südamerika, Australien, Österreich und Deutschland. Es ist die größte vegane Kette weltweit. Kein Wunder also, dass der göttliche Bote nicht nur über Karma predigt, sondern auch eine vierteilige Videoserie über Veganismus produziert hat.

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