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Archiv-Artikel

Erinnerung oder Last?

Grüne und PDS fordern weiter die Umbenennung der von den Nazis so getauften Langemarckstraße

Von grä

Bremen taz ■ „Ich muss gestehen, ich wusste vorher nicht, wofür der Name steht“, sagt Markus Haacke. Haacke ist Sprecher der CDU-Beiratsfraktion Neustadt, aber seit die Grünen vergangenes Jahr forderten, die Langemarckstraße umzubenennen, weiß er, was es mit dem Namen auf sich hat: Langemarck ist ein Ort in Belgien, in dessen Nähe im Ersten Weltkrieg tausende deutsche Soldaten, darunter viele schlecht ausgebildete Reservisten, starben. Die Nazis setzten Langemarck als Symbol für die Opferbereitschaft der Jugend direkt für ihre Vorbereitung auf Führerstaat und Krieg ein. Für die Grünen und auch die PDS ein Grund, die Straße umzubenennen, aber nicht für SPD- und CDU. So wurde über den Beirats-Antrag der Grünen nicht abgestimmt. Doch ein Prüfausschuss zur Geschichte aller Neustädter Straßennamen ergab als möglicherweise kriegsverherrlichend nur die Langemarckstraße.

Einig ist der Beirat noch immer nicht. Woran will man erinnern? Und was bedeutet es, wenn andere die Erinnerung missbraucht haben? Die CDU ist strikt gegen Umbenennung. Nicht nur wegen der Kosten, die daraus für Anlieger entstehen könnten. „Als Mahnmal für die Toten“ solle der Name bleiben. Gern mit einer erläuternden Tafel. Auch in der SPD ist man nicht von einer Umbenennung überzeugt. „Alle fünf Jahre kommt es vor, dass es Menschen stört“, sagt der SPD-Beiratssprecher Uwe Besing. Aber die Anwohner seien in der Mehrheit gegen eine Änderung, und darüber wolle man nicht hinweggehen. Im Oktober will die SPD auf dem Stadtfest einen Stand zum Thema machen.

Ihnen zuvor kommen die Grünen. Schon am heutigen Montag veranstalten sie eine Diskussion zur Umbenennung der Langemarckstraße. „Der Name ist mit einer historischen Altlast verbunden. Es reicht nicht aus, ihn umzudeuten“, sagt Grünen-Beiratsmitglied Ingo Mose. Er findet es nach wir vor „erstaunlich, dass nach dem Krieg der Missbrauch so an der Straße hängen gelassen wird“. Denn eine frühere Umbenennung hin zu „Langemarck“ unter den Nationalsozialisten nur die Jugend auf den Krieg vorbereiten sollen. Den Straßennamen gebe es nur noch in zehn großen Städten.

Unterstützung bekommen die Grünen von der PDS. Die findet das CDU-Argument, die Beibehaltung diene der Erinnerung, inakzeptabel. „Straßennamen dienen immer positivem Gedenken“, so PDS-Beiratsmitglied Alexander Jung. Und am mittlerweile umgestürzten Langemarck-Denkmal legten noch heute regelmäßig Burschenschaften Kränze nieder. „Mit einer Beibehaltung finde ich mich nicht ab“, sagt Jung.

Wie aber steht es mit dem Einwand der SPD, eine Umbenennung der Langemarckstraße liege gar nicht in der Kompetenz des Beirats, weil es eine übergeordnete Straße sei? „Selbst wenn das so ist, würde ich mich zu dieser Sache äußern wollen“, sagt Ingo Mose. Und wie werten die Grünen die Skepsis der Anwohner? „Der Straßenname strahlt über die derzeit dort lebenden Menschen hinaus“, findet Mose. „Er betrifft ganz Bremen.“ Und deshalb solle man die Straße nach einer Persönlichkeit heißen, die „für ein anderes Geschichtsverständnis steht“. Zum Beispiel Walther Rathenau, nach dem früher die heutige Friedrich-Ebert-Straße benannt war, oder Peter Weiss, dem Dichter, der eine Zeit lang in der Neustadt wohnte. grä

Diskussion zur Umbenennung: Heute 20 Uhr, Gemeindehaus der Zionsgemeinde, Kornstraße 31.