: ,,Das hat für mich Beethoven-Status“
Die Milano Festival Opera spielt Film-Kompositionen von Ennio Morricone
Interview Lenard Brar Manthey Rojas
taz: Herr Karnik, was war Ihre erste Begegnung mit der Musik von Ennio Morricone?
Olaf Karnik: ,,Mein Name ist Nobody“. Als der Film 1973 ins Kino kam, war ich gerade elf. Das war ein toller Film und die Musik war so catchy, dass sie Eindruck hinterlassen hat. Einige Jahre später kam Morricone wieder, als man dann auch die Italo-Western aus den 1960ern sehen konnte.
Was hebt Morricone in der Geschichte der Filmmusik gegenüber anderen Komponist*innen hervor?
Wenn man über Filmmusik spricht, gibt es die Regel: Je unauffälliger die Filmmusik ist, umso besser ist sie. Wenn sie kaum spürbar ist, aber trotzdem die Atmosphäre der Bilder und die Wirkung der Szenen verstärkt. Morricone hat es genau umgekehrt gemacht. Er hat die Musik so komponiert, dass sie fast schon das Zentrums des Films war. Sicherlich auch mit dem Hintergedanken, dass die Musik unabhängig vom Film auch für sich alleine stehen und gehört werden kann. Ansonsten zeichnet ihn aus, dass er in seiner Wirkungszeit wirklich jeden erdenklichen musikalischen Stil draufhatte.
Quentin Tarantino sorgte für eine neue Popularität von Morricones Musik, beispielsweise durch,,Kill Bill“. Was macht Tarantinos Einsatz von Morricones Musik so besonders?
Tarantino nimmt meistens Morricone-Stücke aus Filmen, die eigentlich nicht bekannt sind. Aus unbekannten Western, Liebesfilmen und so weiter. Die Popularität in den 2000ern von dieser Art eher unbekannter Morricone-Scores hat wesentlich mit Tarantino zu tun. Tarantino ist, was den Einsatz von Musik angeht, jemand, der seltene Ware sammelt, um diese dann zu Gehör zu bringen. So hat er es auch mit seinen Morricone-Ausgrabungen gemacht und die dann entsprechend in seinen Filmen platziert.
Was sind Ihre persönlichen Lieblingswerke von Ennio Morricone?
Die Frage kann ich nicht beantworten, weil es einfach zu viele sind. Objektiv gesprochen ist das bekannteste,,Spiel mir das Lied vom Tod“. Das ist auch absolut großartig und sein Meisterwerk. Das hat für mich Beethoven-Status.
Denken Sie, dass man in 100 Jahren über Komponist*innen wie Morricone so sprechen wird, wie wir heute über Beethoven und Brahms sprechen?
Das hängt davon ab, ob Orchester in Konzertsälen oder Philharmonien diese Stücke weiterhin und verstärkt in ihr Repertoire nehmen. Ich würde Morricone aus der Perspektive der klassischen Musik zu den fünf größten Komponisten des 20 Jahrhunderts zählen. Neben Stockhausen, Schönberg, Strawinsky, auch wenn das natürlich ganz andere Geschichten sind. Für mich persönlich hat er diesen Stellenwert.
Konzert ,,The Best of Ennio Morricone“: heute, 20 Uhr, Hamburg, Laeiszhalle (2G+)
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