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berliner szenenDa müssen wir jetzt durch

Als ich beginne, diesen Text zu schreiben, stürzt in der ersten Zeile mein Word-Programm ab. Das gibt es doch nicht, denke ich, und starte den Laptop neu.

An der Supermarktkasse ist es voll. Drei Kassen sind geöffnet, und ich stehe zwischen zwei Frauen mit randvollen Wagen. Misstrauisch schaue ich in die Wagen und checke, ob sie Klopapier und Pizzatomaten ergattert haben, und stelle fest, nein, auch nicht. Da höre ich einen Mann zwei vor mir zum Kassierer sagen: „Offenbar geht es wieder los mit den Hamsterkäufen. Es fehlen wieder die üblichen Sachen.“ Der Kassierer nickt bloß. Ach so, denke ich. Jährlich grüßt das Murmeltier.

Ich packe meine Sachen auf das Band. Als ich dran bin, zieht der Kassierer fast alle meine Einkäufe durch das System bis auf zwei Bananen und vier Brötchen in einer Tüte, weil plötzlich die Kasse nicht mehr will. „Einen Moment“, sagt er, „das hat sie manchmal.“ Wir warten ein paar Minuten, der Kassierer drückt immer wieder auf drei Zahlen, aber nichts geschieht. Ich packe inzwischen meine Einkäufe in meine Taschen. Die Leute hinter mir sehen mich an, als wäre ich schuld, dass sich nichts rührt.

„Hm“, macht der Kassierer, „keine Ahnung, ich glaub, ich muss neu starten. Die ist komplett zusammengebrochen. Würde ich auch gern tun.“

„Ich auch“, sagt die Frau hinter mir. „Oder?“, sie sieht sich um. „Man möchte doch einfach in einen Winterschlaf gleiten und im Frühling aufwachen, wenn alles wieder vorbei ist.“ Alle nicken.

Der Kassierer sagt: „Moment mal, bitte“, verlässt seine Kassenkabine und geht in einen Raum. Als er wiederkommt, ist der eingefrorene Bildschirm schwarz. „So“, sagt er wieder auf seinem Platz. „Nix mit Zusammenbrechen. Da müssen wir jetzt durch.“ Und ich finde das alles sehr symptomatisch.

Isobel Markus

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