piwik no script img

berliner szenenWir kriegen Knöllchen, Sie Ärger

Es ist kurz vor Mitternacht, und ich sehe den schwarzen, unbeleuchteten SUV, der quer über den Radweg „geparkt“ steht, ziemlich spät. Gleich darauf liege ich auch schon am Boden, denn wegen einer Armverletzung habe ich ungleichmäßig überbremst und mich in der Folge überschlagen. Zum Glück bin ich dabei wenigstens nicht auf besagten Arm gefallen.

Das Auto gehört einem Paar. Die beiden kommen nun herbei, doch das hat nichts mit mir und meinem Malheur zu tun. Sie wollten ohnehin gerade wegfahren. Wortlos steigen sie mehr oder weniger über mich drüber, der ich unter meinem Fahrrad am Boden liege, und streifen mich dabei nur knapp mit einem Blick.

Ich rapple mich langsam auf und formuliere eine sanfte Beschwerde: dass das doch nicht gehe, das mit ihrem Auto. Dass das keine Art sei. Irgendwie. Daraufhin fragt mich die Frau, ob ich Alkohol getrunken hätte. In mir steigt Zorn auf. „Ach, jetzt bin ich schuld? Ich ruf gleich die Bullen“, sage ich. „Machen Sie das“, sagt sie, „wir kriegen ein Knöllchen und Sie kriegen richtig Ärger.“

Zu keiner Sekunde fragen sie, wie es mir geht, mit meinen Prellungen und meinem Schreck. Stattdessen setzen sie sich in ihren Panzer und rasseln los. Ich bin froh, dass ich nicht mehr am Boden liege, sonst wären sie sicher auch noch über mich drübergeheizt. Entgeistert blickte ich ihnen nach.

Die Bullen hätte ich eh nicht gerufen. Ich habe in der Tat drei Bier intus und keinerlei Bock auf Stress. Ich will doch bloß, dass der Irrsinn aufhört, der darin besteht, dass es solche Leute gibt. So braucht man sich im Grunde über gar nichts mehr zu ­wundern, was da draußen tobt. Wahrscheinlich ist es einfach die beste Lösung, dass die Art Homo sapiens hier in absehbarer Zeit den Abgang macht. Die Welt wird dann eine bessere sein.

Uli Hannemann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen