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Archiv-Artikel

Jüdische Helden

Die Ausstellung „Mit Supermann fing alles an“ über den Einfluss jüdischer Künstler in der Geschichte des Comics unterfordert ihr Publikum mit wenig Hintergründigem

Supermann ist entstanden als Reaktion auf den deutschen Faschismus. Diese These des amerikanischen Autors Michael Chabon klingt erst einmal ziemlich aufregend. Wirklich belegt wird sie in der kleinen Ausstellung über jüdische Comics „Mit Supermann fing alles an“ im Haus Schwarzenberg allerdings nicht. Keine Frage, man hat da ein tolles Thema gefunden – jüdische Einflüsse und die Verarbeitung spezifisch jüdischer Geschichte im Comic –, doch zu zaghaft nähert man sich ihm an.

Dabei hätte es sich angeboten, die Funktion der klassischen Superhelden von ihrem ersten Erscheinen bis heute genauer zu untersuchen – schließlich wurden sie allesamt ab den 30er-Jahren von Juden erfunden. Und immerhin erschienen nach dem 11. September 2001 ganze Sammelbände, in denen Superhelden gegen Ussama Bin Laden und seine Brut in die Spur geschickt wurden.

Dass der Angriff auf das World Trade Center auch ein symbolischer Angriff auf Israel war, steht ja außer Frage. Superhelden werden also seit Jahrzehnten in den Kampf gegen den Antisemitismus geschickt, aber davon erfährt man in der Ausstellung nichts. Seltsam unzusammenhängend wirkt sie.

Es sind die Arbeiten jüdischer Künstler zu sehen, Comics von den Superhelden-Begründern Jack Kirby und Stan Lee, dem „Maus“-Schöpfer Art Spiegelman und Newcomern wie Joann Sfar, die hauptsächlich eint, dass sie eben jüdisch sind. Der Comic-Künstler Ben Katchor hat gegen dieses ethnifizierende Konzept Bedenken geäußert, so steht es im Katalog, und man muss ihm unbedingt zustimmen.

Sicherlich bleibt es interessant zu sehen, wie der Comic gerade durch die Beschäftigung mit der „jüdischen Katastrophe“ den Comic an sich vorangebracht hat. Bevor Art Spiegelman beispielsweise „Maus“ verfasst hat, schien die Verarbeitung des Holocaust in Comicform undenkbar, heute gilt „Maus“ als wegweisender Schritt hin zum „Erwachsenencomic“ und zu einer autobiografischen Form, deren Früchte auch in der Ausstellung zu sehen sind.

Doch zu wenig wird man über die auch kulturindustriellen Bedingungen informiert, die jeweils dazu geführt haben mögen, in einem vermeintlich trivialen Massenmedium etwas ähnliches zu versuchen wie Jorge Semprún, Primo Levi oder Imre Kertész in ihren Büchern.

So wird zwar auch der imposante Comic „Master Race“ aus dem Jahr 1955 gezeigt, den Bernard Krigstein damals für den Verlag EC (nicht DC, wie es im Ausstellungskatalog heißt) des späteren „Mad“-Gründers Harvey Kurtzmann verfasst hat. Man erfährt jedoch nicht, dass eine derart ernste Holocaust-Geschichte die absolute Ausnahme in Kurtzmans Trash-Comic-Verlag war, der wegen seiner Horror- und Mutanten-Bilderstorys zu dieser Zeit arg unter Beschuss von Moralwächtern geraten war und nur deswegen mal etwas „Seriöses“ und Ungewöhnliches ausprobieren wollte.

Die Macher von „Mit Supermann fängt alles an“ scheinen Angst gehabt zu haben, ihr Publikum durch zu viel Hintergründiges zu überfordern. Zum Glück hatte wenigstens jemand wie Art Spiegelman diese Angst nie.

ANDREAS HARTMANN

Die Ausstellung „Mit Supermann fing alles an – Jüdische Künstler prägen den Comic“ läuft noch bis zum 17. 7. im Haus Schwarzenberg, Rosenthaler Str. 39