Briten winkten ab

Ägyptischer Sicherheitsexperte warnte vor Anschlag im Königreich. Unbekannte Al-Qaida-Gruppe bekennt sich

KAIRO taz ■ Der ägyptische Sicherheitsexperte Fuad Alami hat Vertreter des britischen Geheimdienstes nach eigenen Angaben vor zwei Wochen auf einer Anti-Terror-Konferenz in Kuwait vor Anschlägen gewarnt. Wie er gestern der taz sagte, sei das G-8-Treffen mit der Anwesenheit von US-Präsident Bush auf britischem Boden für Anschläge islamistischer Gruppen geradezu ideal gewesen. „Aber ich habe mir das nicht in dieser Größenordnung wie heute in London vorgestellt“, fügt er hinzu. Die britischen Geheimdienstvertreter hätten damals abgewunken mit dem Hinweis, sie hätten die Lage unter Kontrolle.

„Heute ist jedes Land gefährdet, das sich offen auf die Seite der US-Politik in Irak, Afghanistan und im israelisch-palästinensischen Konflikt stellt“, sagt Alami. Wenn die USA ihre von der Mehrheit der arabischen Bevölkerung abgelehnte Politik fortsetzten, würden wir eine noch brutalere Terrorwelle mit neuen Terrorgruppen erleben.

Mit der ursprünglichen al-Qaida von Ussama Bin Laden und Aiman Sawahiri hätten die gestrigen Anschläge allerdings nichts mehr zu tun. Diese Gruppe bestehe nicht mehr, nachdem sie international zu sehr unter Druck geraten sei, nicht nur mit westlichen, sondern auch von arabischen Geheimdiensten. „Diese al-Qaida ist nicht mehr operativ“, glaubt der arabische Sicherheitsexperte. Stattdessen gebe es heute zahlreiche neue Terrorgruppen, die sich in dessen Erbe sehen und den Namen al-Qaida als eine Art Markennamen weiterführen. Jeder Staat, der die US-Politik im Nahen Osten unterstützt, sei ein potenzielles Anschlagziel, meint Alami: „Wenn sich diese Politik nicht ändert, werden wir weiterem Terror ausgeliefert sein, egal welcher Nationalität wir angehören.“

Im Internet tauchte wenige Stunden nach den Anschlägen ein Bekennerschreiben einer so genannten Geheimen Al-Qaida-Organisation in Europa auf, einer bisher unbekannten Gruppierung. Darin wird die islamische Gemeinde für die Anschläge beglückwünscht. „Es war an der Zeit, an der kreuzfahrerischen jüdischen britischen Regierung für ihre Verwicklungen in Afghanistan und Irak Rache zu nehmen“, heißt es in dem Schreiben, das die Anschläge als „heroischen Akt“ bezeichnet. Großbritannien brenne vor Angst und Terror, im Norden, Süden, Osten und Westen, heißt es in dem 200 Worte langen Dokument. „Wir haben die britische Regierung und das britische Volk gewarnt, und nun haben die Mudschaheddin nach langen und schwierigen Vorbereitungen ihre Versprechen eingelöst.“ Danach werden explizit Dänemark, Italien und andere „Kreuzfahrer“ gewarnt, wenn sie ihre Truppen nicht aus dem Irak zurückziehen.

Die Authentizität des Dokuments konnte nicht sicher festgestellt werden. Auf der gleichen Webseite wurde in der Vergangenheit sowohl glaubwürdiges als auch falsches Material veröffentlicht. Arabische Sicherheitsexperten deuteten gestern immer wieder auf mögliche islamistische Täterkreise wie auch auf al-Qaida, nicht zuletzt mit dem Hinweis, dass die Anschläge genau wie in Madrid 2004 auf öffentliche Verkehrsmittel zielten.

KARIM EL-GAWHARY