Islambeauftragte mit schlechtem Listenplatz

Bochumer SPD-Landesparteitag entscheidet heute über Kandidatenfolge für die Bundestagswahl. Dabei könnte ausgerechnet die einzige türkischstämmige Kandidatin, die Kölnerin Lale Akgün, auf einem hinteren Listenplatz landen

KÖLN taz ■ Die NRW-SPD wird heute auf dem Sonderparteitag in Bochum ihren neuen Landesvorstand wählen und die Landesliste für die mögliche Bundestagswahl im September aufstellen. Dabei könnte ausgerechnet die einzige türkischstämmige Kandidatin der nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten, die Kölner Bundestagsabgeordnete Lale Akgün, dieses Mal auf einem hinteren Listenplatz landen – und möglicherweise gar nicht in den Bundestag gewählt werden.

Am Donnerstag Abend wurde die Islambeauftragte und migrationspolitische Vizesprecherin der SPD-Bundestagsfraktion nur auf Platz Sieben der Vorschlagsliste der SPD-Region Mittelrhein gewählt – nach Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt aus Aachen, dem ebenfalls aus Aachen stammenden parlamentarischen Staatssekretär im Verkehrsministerium, Achim Großmann, und überregional weniger bekannten Politikern. „Ich bin nicht zufrieden mit dem 7. Platz, weil meine Kandidatur eine Aussagekraft hat zu bestimmten Bevölkerungsgruppen“, sagte Lale Akgün gestern zur taz. „Es ist so, dass sich viele Menschen in dem Sinne mit mir identifizieren, dass ich angekommen bin – also können sie es auch schaffen.“ Die 51-jährige Psychotherapeutin und Ex-Leiterin des Landeszentrums für Zuwanderung rechnet damit, „auf den 20er Plätzen der Landesliste zu landen“. Gestern Abend hat bereits der Vorstand des SPD-Landesbezirks Nordrhein-Westfalen getagt, um die vier vorab beschlossenen Vorschlagslisten der Regionen Mittelrhein, Niederrhein, Westliches Westfalen und Ostwestfalen-Lippe zusammen zu führen.

Ein nachlassendes Interesse für migrationspolitische Themen macht Lale Akgün jedenfalls nicht verantwortlich für ihren 7. Platz. „Es ist dieses Mal sehr eng für die SPD“, begründet sie den harten Kampf um die vorderen Listenplätze. Und Liesel Koschorreck, stellvertretende Vorsitzende der Region Mittelrhein, räumt ein, dass bei der Listenaufstellung „Integration nur eins von vielen Kriterien“ gewesen sei. Auch wenn „Migration landesweit ein Thema ist, das einen besonderen Stellenwert hat“. Bei der Platzierung von Akgün auf der Landesliste müsse „sicherlich noch einmal nachgedacht“ werden. Um die Bedeutung des Themas zu signalisieren, hatte die SPD die gebürtige Istanbulerin vor drei Jahren an allen Regionallisten vorbei auf Platz Zehn der Landesliste gehoben. Einen „Vertrauensvorschuss“ des Landesvorstands nennt Akgün das.

Jetzt kämpft sie für die Kontinuität ihrer Politik. „Ich habe gerade erst vor drei Jahren angefangen zu arbeiten.“ Eines ihrer Hauptziele sei es, die „Kommunikation zu demokratischen Muslimen aufrecht zu erhalten“. Dafür will sie möglicherweise auch eine Kampfabstimmung um einen besseren Listenplatz auf sich nehmen. Obwohl sie darauf hofft, wie 2002 von ihrem Wahlkreis wieder direkt in den Bundestag gewählt zu werden. „Ich bin da guter Dinge, weil ich inzwischen weitläufig bekannt bin“, glaubt sie. „Der Kölner Südwesten mit seinen vielen Studenten und einer großen schwul-lesbischen Communitiy entspricht meiner Weltanschauung am meisten. Hier lebt alles vom mehrfachen Millionär bis zum einfachen Arbeiter.“

ISABEL FANNRICH