: Filou foppt wieder
Franck Ribéry, 38, ist noch nicht des Fußballs müde. Der Offensive unterschreibt einen Vertrag beim italienischen Erstliga-Aufsteiger Salernitana
Von Maik Rosner
Als die ersten Bilder aus Salerno in die Welt hinausgingen, ließ sich erahnen, dass Franck Ribéry seine Entscheidung bisher nicht bereut. Durch ein Spalier ausgestreckter Hände lief der Franzose über den Rasen des Stadio Arechi, auf den Tribünen ließen die 13.000 johlenden Tifosi Rauch in der Vereinsfarbe Weinrot aufsteigen. Der langjährige Bayern-Profi und Nationalspieler Ribéry, 38, lächelte selig. Er habe den Empfang sehr genossen, sagte er später auf Italienisch. Am Dienstag stand für ihn das erste Training mit seiner neuen Mannschaft an.
Für Unione Sportiva Salernitana 1919 kickt der frühere Weltklassespieler und Titelsammler Ribéry jetzt also, für den international unbekannten Aufsteiger in die italienische Serie A aus der Provinz Salerno. Das ist ungefähr so, als hätte sich Ribéry dem Bundesliga-Aufsteiger SpVgg Greuther Fürth angeschlossen, dessen Vorgängerklub SpVgg Fürth im Unterschied zu US Salernitana aber die erfolgreichere Geschichte mit drei deutschen Meistertiteln vorweisen kann. Dafür hat Salerno das schönere Ambiente zu bieten, darunter die nahe Amalfi-Küste und das gut 50 Kilometer nördlich gelegene Neapel, weshalb es am Montagabend bei Ribérys Vorstellung auch schnell um Quervergleiche zur verstorbenen SSC-Ikone Diego Maradona ging.
Für Ribéry ist es schon seine dritte Ehrenrunde im Spätherbst seiner Karriere. In den vergangenen beiden Spielzeiten hatte er für AC Florenz gespielt, nachdem er in den zwölf Jahren davor seine erfolgreichste Zeit beim FC Bayern erlebt hatte. Das höchste internationale Niveau erreichte Ribéry in München am Ende nicht mehr. Es fiel ihm zunehmend schwer, auf dem linken Flügel Haken schlagend an den deutlich jüngeren Gegenspielern vorbeizukommen. Bei seinem letzten Bundesligaspiel am 18. Mai 2019 gegen Eintracht Frankfurt gelang ihm aber noch einmal ein perfektes Solo samt Tor.
Dieser fast schon kitschige Abschied des Filous trieb Uli Hoeneß die Freudentränen in die Augen. Viel besser hätte Ribéry, damals 36, seinen Karriereausstand kaum hinbekommen können. Manche hätten nicht weitergespielt, weil es ja fortan nur schlechter werden kann. Ribéry aber denkt nicht so. Für ihn war klar, dass es das noch lange nicht war mit dem Fußball. Die Freude an jenem Spiel, das sein Leben verändert hat, diese Freude will er noch so lange wie möglich empfinden. Er will am liebsten immer nur weiterspielen. Das liegt vielleicht auch daran, dass er aus einfachsten Verhältnissen stammt.
Bevor er mit 21 Jahren 2004 seinen ersten Profivertrag beim FC Metz unterschrieb, hatte er seinen Lebensunterhalt als Straßenbauarbeiter verdient. Drei Jahre später wechselte er für 25 bis 30 Millionen Euro Ablöse von Olympique Marseille zum FC Bayern und wurde dort auch deshalb als König Franck verehrt, weil er nicht nur mit den Gegnern, sondern auch mit den Kollegen seinen Schabernack trieb. Von Schülerscherzen wie ein ausgekippter Wassereimer vom Dach des Klubgebäudes auf den damaligen Torwart Oliver Kahn bis hin zu einem missglückten Fahrversuch mit dem Mannschaftsbus war so ziemlich alles dabei. Allerdings gab es auch echte Skandale in seiner Vita.
Franck Ribéry bei seiner Präsentation in Salerno, südlich von Neapel gelegen
Zuletzt hatte sich Ribéry mit Einzeltraining fit gehalten, unter anderem im Garten seiner Villa im Münchner Nobelvorort Grünwald. Kurzzeitig wurde sogar ein zweites Engagement beim FC Bayern ins Spiel gebracht. Doch Kahn, mittlerweile Vorstandschef, stellte schnell klar, dass es dazu nicht kommen werde.
Nun will der ewige Filou Ribéry die Gegner eben im Trikot von US Salernitana foppen, natürlich wieder mit seiner Nummer 7. Einen Vertrag bis zum Saisonende hat er unterschrieben, der ihm angeblich ein Jahresgehalt von rund 1,5 Millionen Euro einbringt.
Enthalten sein soll auch eine Option auf ein weiteres Jahr. Sollte es dazu kommen und Ribéry bis Mai 2023 in Salerno spielen, wäre er am Ende 40 Jahre alt. Er wolle nun schnell in die Verfassung kommen, um alles geben zu können, „damit wir unser Ziel, den Klassenerhalt, erreichen“, rief Ribéry den Tifosi zu, er spüre „eine unglaubliche Leidenschaft“. Letzteres bezog sich zwar auf die Fans. Doch es klang auch, als spreche er von sich.
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