: Daumenschrauben für die Armen
BRUDER KLAUS DIEDERSHAGEN
Ich habe bei uns 1996 diese Armenküche aufgebaut. Der heilige Franziskus hat uns das aufgetragen in seiner Regel: dem Armen Untertan zu sein. Das heißt, dem Armen zu helfen und ihm beizustehen, ohne selber zu verelenden. Das ist in den Franziskanerklöstern auch immer gelebt worden. Es gab immer die Armen, die an die Klosterpforte kamen. Die bettelten und warmes Essen bekamen.
1996 kamen 40 oder 45 Leute zu uns. In der Regel waren das Obdachlose. Diese Zahl hat sich bis zum Jahr 2009 mehr als vervierfacht. Und jetzt sind das nicht mehr nur Obdachlose, die kommen. Denen hat man eine Wohnung besorgt. Es gibt zwar immer noch einige ohne festen Wohnsitz, aber da hab ich meine Zweifel, ob die nicht wirklich so leben wollen.
Aber was für mich wirklich beschämend und traurig ist, ist, dass so viele alte Leute zu uns an die Klosterpforte kommen. Alte Rentnerinnen und Rentner, die mit ihren bescheidenen Renten nicht mal den Monat bestreiten könne, geschweige ’ne Rücklage machen können. Die Ältesten, die kommen, die sind 90 Jahre und älter! Dass diese Leute heute zum Bettler werden, das ist doch wirklich beschämend! Das würde ich ändern wollen. Ich würde jedem so viel geben wollen, dass er menschenwürdig und in Frieden und ohne diese Sorgen im Alter leben kann.
Mit diesem Bankencrash ist für uns im Land eine Situation entstanden, dass man jetzt für die Bankenrettung Milliarden ausgibt und auf der anderen Seiten wieder die Sozialleistungen kürzt. Und bei den Ärmsten der Armen werden die Daumenschrauben angelegt.
Dabei will ich mich nicht darüber aufregen, dass die Menschen viel Geld verdienen, wenn sie viel arbeiten. Dann haben sie ihren Lohn verdient – außer Zweifel. Aber es brauchte bei uns in Deutschland kein Mensch zu verhungern, wenn die sozialen Leistungen gerecht verteilt würden.
Ich bin jetzt seit 33 Jahren Franziskaner. Den Schwachen zu helfen, das war für mich einfach eine innere Berufung. Dabei geht es einfach darum, mit beiden Füßen mittendrin in der römisch-katholischen Kirche zu stehen, ohne zu frömmeln. Und das, was Christus uns aufgetragen hat, zu leben. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Hinweis: Bruder Klaus Diedershagen, Franziskaner, 65, Düsseldorf