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Schwaches Knieund schwache Hoffnung

Tennisikone Roger Federer muss erneut operiert werden. Kommt der 40-Jährige wieder zurück?

Von Jörg Allmeroth

Als Roger Federer noch die Tenniswelt mit leichter Hand fest im Griff hatte, blickte er einmal weit in die Zukunft voraus. Er wolle nicht „bis in alle Ewigkeit“ auf den Centre Courts um Spiele, Sätze und Siege kämpfen und „auch ein anderes Leben genießen“, sagte Federer damals, „ich glaube nicht, dass ich mit 35 noch auf dem Platz stehen werde.“ Längst hat Federer sich selbst Lügen gestraft, in der laufenden Saison 2021 stand er mit 39 Jahren noch immer in den Arenen, am 8. August feierte er seinen 40. Geburtstag.

Doch wenn nicht alles täuscht, geht die Karriere des bekanntesten Tennisspielers des Planeten nun auf die Zielgerade – wenn sie denn überhaupt noch eine Fortsetzung erfährt. Als Federer am Sonntag über seine Social-Media-Kanäle verkündete, er müsse ein drittes Mal am Knie operiert werden und falle monatelang aus, schwang schon so etwas wie Abschiedsstimmung in der kurzen Videoaufzeichnung mit. Federer erklärte zwar, es gebe noch einen „Funken Hoffnung“ auf ein weiteres Comeback irgendwann im nächsten Jahr. Aber überzeugt von dieser Botschaft schien der vierfache Familienvater selbst nicht. Seine Stimme klang belegt, sein Lächeln wirkte gequält.

Lange Zeit war Federer ein Glückskind des Tennis. Er veredelte seine außergewöhnlichen Talente mit großartigen Erfolgen, er gewann mit Ausnahme der olympischen Einzel-Goldmedaille so ziemlich alles, was man im Tennis gewinnen kann. Und er blieb bis weit in seine Dreißigerjahre von gravierenden Verletzungen verschont, während Konkurrenten wie früher Tommy Haas und Andy Roddick und später besonders Rafael Nadal immer wieder Zwangspausen einlegen mussten. Federers Kapital war seine Tenniskunst genauso wie sein Körper, den er mit perfekter Trainingssteuerung und eben auch mit Fortune nutzen konnte. Selbst die erste größere Verletzung im Jahr 2016 überstand der Maestro bravourös – er kehrte nach monatelanger Spielpause mit einem Paukenschlag zurück, mit dem Sieg bei den Australian Open 2017. Es sei sein „emotionalster und schönster Sieg“ überhaupt gewesen, sagte Federer. Er wurde dann auf seine älteren Tage sogar noch einmal Wimbledon-Champion und die älteste Nummer eins, seit es die neue Weltrangliste gibt.

Aber als er in dieser Saison nach beinahe einjähriger Zwangspause den Spielbetrieb wieder aufnahm, blieben die guten Tage eher die Ausnahme. Federer verkündete früh, er wolle seinen Leistungszenit in der Rasensaison erreichen, doch dann verlor er in Halle, an einem seiner erklärten Lieblingsorte, bereits in der zweiten Runde gegen den jungen Kanadier Félix Auger-Aliassime. In Wimble­don scheiterte der Schweizer darauf schon im Viertelfinale klar gegen den Polen Hubert Hurkacz.

Offenbar spielte ­Federer beide Male erneut unter Schmerzen. In seiner Videobotschaft erklärte der 40-jährige Superstar, er habe sich in der Rasensaison verletzt und habe nach Rücksprache mit seinen Ärzten nun entschieden, sich wieder am Knie operieren zu lassen. Worum es ­dabei primär geht, sagte Federer auch: „Ich will später normal herumlaufen können.“ Die Perspektive für die kommenden Monate sei, „dass ich für viele Wochen auf Krücken laufen muss und für Monate raus bin aus dem Tennis.“ Es werde „schwer sein danach“, so Federer.

Für Roger Federer bleibt nur die schwache Hoffnung, 2022 an diesem oder jenem berühmten Schauplatz noch mal auftreten zu können.

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