brief des tages:
Baumfeindliche Richter?
betr.: BGH-Urteil Gartenbäume
Ein neues Urteil des BGH ist völlig aus der Zeit gefallen: Wer in einer Stadt in seinem Garten einen großen Baum wachsen lässt und damit die Luft der Umgebung verbessert, den will der BGH nunmehr gleich mehrfach bestrafen (Az. V ZR 234/19). Der Baumeigentümer soll nun sicherstellen, dass seine Nachbarn überhängende Äste ohne Rücksicht auf Verluste abschneiden dürfen – egal ob der Baum dadurch seine Standfestigkeit verliert oder sogar eingeht. Geradezu zynisch ist die Begründung des BGH, dass damit dem Nachbarn die vorherige Einholung eines Gutachtens erspart werden solle. Damit werden dem Baumeigentümer nunmehr auch die Folgekosten solcher Rückschnitte aufgebürdet. Zu diesem Ergebnis kommen die BGH-Richter, weil der Nachbar vor den Folgen der Natur – Nadeln, Zapfen, Laub und Schatten – zu schützen sei. Natürlich hätte sich der BGH auch am Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz orientieren und zugunsten des Baumeigentümers entscheiden können. Die Verfasser des Bürgerlichen Gesetzbuchs dagegen schätzten den Wert von Bäumen sehr und waren damit vor über 120 Jahren weiser als jetzt diese Richter des BGH. Thomas von Holt, Bonn
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