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wortwechselLebensläufe und Masken im Wahlkampf

Raster-Psychotherapie ist zum Glück vom Tisch, aber die Ökonomisierung der Medizin schreitet voran. Kritik an Baerbocks frisiertem Lebenslauf ist nicht frauenfeindlich

Markt und Medizin

„Die Psyche passt in kein Raster“,

taz vom 6. 6. 21

Ich freue mich ebenfalls, dass der Vorschlag vom Gesundheitsminister zur Einführung weiterer Normen und Festlegung einer bestimmten Anzahl von Stunden entsprechend der Eingangsdiagnose vom Tisch zu sein scheint. Doch die bereits stattgefundene Ökonomisierung der Medizin sollte dabei nicht aus dem Blick geraten. Mit der Festlegung der Pauschalen wurde schon viel Leid verursacht. Viel zu viele unnötige Knieoperationen, Entlassungen nach Hause, auch wenn niemand für die Versorgung da ist, eine Pflege auf dem Rücken von Pa­ti­en­t:in­nen und Pflegenden, Rezeptausstellungen nach Deputat und nicht nach der bestmöglichen Versorgung, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Hoffe sehr, dass sich der Einsatz gegen die Ökonomisierung der Medizin insgesamt in der nächsten Zeit wieder verstärkt. Angela König, Bonn

Kinderlose zur Kasse

„Staat, raus aus dem Uterus!“,

taz vom 4. 6. 21

Sie sprechen mir total aus der Seele. Ich fühlte mich an so vielen Stellen schlechter gestellt als ein arbeitendes Familienmitglied: Im Beruf durfte ich als „Single“ für die Familienväter oder -müttern Überstunden machen (Kind krank, man muss pünktlich nach Hause, wegen gemeinsamen Abendessen, egal ob es im Betrieb „brennt“), Ferienzeiten und so weiter. Die Steuerklasse ist die höchste, und die Lebenskosten für eine Person sind nicht von Pappe. Am Ende wird bei Müttern und Nichtmüttern von einer Rente unter 1.000 Euro echt noch gnadenlos abgezogen. Na danke, Herr Spahn.

Sonja Schwedes, Witzenhausen

Kein Belohnungssystem

„Staat, raus aus dem Uterus!“,

taz vom 4. 6. 21

Frau Opitz hat möglicherweise recht mit der Vermutung, dass so Geburten „belohnt“ werden sollen, aber mir scheint das zu kurz gedacht zu sein, denn Kinder die bereits geboren sind, werden beispielsweise bei unverheiratet bleibenden Elternteilen, die Erziehungsarbeit leisten, steuerlich nicht belohnt (es wird maximal steuerlich der Nachteil ausgeglichen). Die sitzen sofort in Steuerklasse I, während kinderlose verheiratete Paare, lebenslang (oder so lange, wie die Ehe hält) steuerlich bevorzugt werden. Sanktionierung von Kinderlosigkeit sieht anders aus. Außerdem zahlen die jetzigen Kinder die Schulden, die Herr Spahn, Teuber und Konsorten jetzt machen, zurück – auch nicht gerade eine Bevorzugung.

Wolfgang Nitsch, Bremen

Moral im Wahlkampf

„Hochgradig unprofessionell“,

taz vom 6. 6. 21

Nun stürzt man sich zu Zeiten des Wahlkampfs auf alles, was dem Gegner, dem Politiker, dem Menschen schaden kann, um möglichst am Ende die nötigen Stimmen abgraben zu können. Natürlich gehört die taz nicht zu den Medien, die eine Annalena Baerbock durch den Wolf dreht. Es fies zu nennen, weil man sich auf den „unglücklich gestalteten Lebenslauf“ stürzt, ist moralisch sicher infrage zu stellen. Aber was gar nicht geht, ist hier wieder den Geschlechterkampf auszurufen (weil Annalena eine Frau ist). Dieser Kampf wird mit Waffen geführt, die beide Seiten gleich nutzen und einsetzen. Man sollte grundsätzlich mal hinterfragen, ob das der Moral der Gesellschaft Rechnung trägt. Daniel Albert, Garbsen

Rot-reformerisch?

„Kein Plan, nirgends“, taz vom 14. 5. 21

Olaf Scholz ist der klassische sozialdemokratische Apparatschik, da haben viele Menschen wohl keinen Bock mehr drauf. Und er war verantwortlich für den Polizeieinsatz in Hamburg bei G20, das vergessen viele Linke nicht. Sich jetzt als rot-reformerischer (redwashing?) Erneuerter zu präsentieren, erzeugt genauso Misstrauen wie das Greenwashing der CDU. Martin Schumacher, Bremen

Steine im Glashaus

„Spahns Masken-Dementi“,

taz vom 7. 6. 21

Wenn Walter-Borjans propagiert, er wüsste, wie er innerhalb der SPD mit solchen Ministern wie Jens Spahn verfahren würde, dann soll er bitteschön auch einmal damit anfangen. Ist es nicht Minister Heil, der seit Jahren die Höhe der Grundsicherung kleinrechnet, und das, obwohl das Bundesverfassungsgericht bereits 2014 einige Sparten als nicht bedarfsdeckend kritisiert und Nachbesserungen gefordert hat?

Und um zu den Schutzmasken zurückzukehren: Das, was Minister Spahn in perfider Weise plante, wurde Anfang des Jahres in Rheinland-Pfalz durchgeführt. Da erhielten Bezieher von Transferleistungen von der Landesregierung (SPD) und dort vom Ministerium für Arbeit und Soziales (Ministerin Bätzing-Lichtenthäler SPD) eben jene Masken zum „Geschenk“. Die Masken verfügten weder über das ­CE-Prüfzeichen noch irgendwelche Angaben über Hersteller, Herkunftsland, Lagerung und Haltbarkeit et cetera. Ein privater Händler, der solche Masken in dieser Art und Weise in Verkehr bringt, dürfte mit einer saftigen Strafe rechnen.

Hans Röhrig, Michelbach

Eine Chance geben

„Hochgradig unprofessionell“,

taz vom 6. 6. 21

Ich bin kein eingefleischter Fan der Grünen und schreibe aus einem ganz anderen Grund. Möchte die taz sich nicht vielleicht einmal von dem absetzen, was in den letzten Jahren immer mehr an der Tagesordnung ist? In Biografien herumschnüffeln und finde den Fehler spielen. Mich interessieren eher die Worte und Taten der Menschen, die sie im Hier und Jetzt vollbringen als irgendeine Biografie. Wenn ich, als ich jung war, Steine geworfen habe und heute an einem anderen Punkt bin und mir dann die Biografieforschung das Steinewerfen vorwirft, was soll das denn? Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich plädiere nicht für eine Hofberichterstattung für die grüne Spitzenkandidatin, aber sehr wohl dafür, einer Frau eine Chance zu geben die neoliberale Politik der letzten 40 Jahre zu verändern. Wenn aber die taz auch an der Demontage von Frau Baerbock mitmacht, können wir das Ganze erst recht vergessen.

Ralf Haug, Landau

Papier-taz

„Briefeseite“, taz vom 2. 6. 21

Ich kann dem Leserbrief von Michaela Lau nur völlig beipflichten. Selbst bei unseren jüngeren Kindern (6 und 4 Jahre alt) führen die Bilder in der Papierausgabe der taz zu ersten Gesprächen und sogar Diskussionen über gesellschaftliche und politische Themen. Durch den Wegfall einer Papierausgabe würde dies unter der Woche wegfallen. Das wäre im Hinblick auf die Politisierung von Kindern und Jugendlichen sehr schade.

David Kupitz, Bünde

Vorbild Montessori

„Mehr Missachtung geht nicht“,

taz vom 5. 6. 21

Ich bin für kleinere Klassen und mehr soziale Arbeit an Schulen, aber vorrangig glaube ich, dass eine sozialpädagogische Zweitkraft in jeder Klasse nottut (wie an den Montessori- Schulen). Nur dadurch kommen LehrerInnen zu pädagogischer Teamarbeit, und der Blick wird frei für die einzelnen Kinder und ihre Familien.

Günther Schedel-Gschwendtner,

Schnaittach

Auf Tadel folgt Lob

„Kein unwürdiger Preisträger“,

taz vom 27. 4. 21

Ich finde es schlimm, wenn ein integerer Mensch wie Kardinal Marx zuerst wie die sprichwörtliche Sau durchs Dorf getrieben wird, und wenn er mürbe genug ist, auf Ehrungen verzichtet, dann anschließend wieder in den höchsten Tönen gelobt wird! Edgar Böhme, Duisburg

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